
Rechtsextremismus im Fußball DFB will Schiedsrichter nachschulen
Stand: 04.03.2020 22:36 Uhr
Mit Spielunterbrechungen nach Schmähplakaten gegen Hoffenheim-Mäzen Hopp hat der DFB konsequentes Durchgreifen signalisiert. Bei rassistischen Entgleisungen in Stadien sieht das meist anders aus. Im Sportausschuss blieb es bei Appellen.
Von Barbara Kostolnik, ARD-Hauptstadtstudio
Der eindringlichste Appell kam von Thilo Danielsmeyer: Er leitet das Fan-Projekt Dortmund - man kann sagen, dass er ein fester Bestandteil der sogenannten Gelben Wand der Südtribüne ist: Dort brüllen 25.000 Fans Borussia Dortmund nach vorne. Aber nicht alle Fans sind einfach nur Fans. "Es gibt eine kleine, aber sehr gut organisierte rechtsextreme Szene, die den Fußball als Bühne nutzt, seit langen Jahren. Gerade unsere Dortmunder Naziszene übt Strahlkraft aus", sagte Danielsmeyer. Alle seien gefordert, dass der Einfluss auf die jungen Fußballfans, die auf der Südtribüne stehen, nicht zu stark werde. Im Sportausschuss des Bundestags diskutierten Experten ein Vorgehen gegen Rechtsextremismus im Fußball.
Auch Stephan Lorentz vom Bundesamt für Verfassungsschutz beschrieb die Anfälligkeit des Fußballs für rechtsextremes Gedankengut und sieht personelle Überschneidungen im Fanbereich. Rechtsextremisten nutzten Fußball als Propaganda-Plattform - je größer das mediale Interesse, desto mehr. "So wurde etwa im Vorfeld der WM 2018 in Russland ein T-Shirt vertrieben mit der Aufschrift 'Russland 2018, diesmal kommen wir im Sommer'. Hinter dem Vertrieb dieser T-Shirts standen durchaus auch Personen, die in der rechtsextremistischen Szene eine größere Rolle spielen", berichtete Lorentz.
Viele Vorfälle werden nicht gemeldet
Die Anziehungskräfte zwischen Fußballfans und rechtsextremer Szene existieren. Der DFB bekämpft die Auswüchse, Rassismus, Diskriminierungen seit langem. Trotzdem äußerte der DFB-Vertreter für Fanbelange, Sebastian Schmidt, im Sportausschuss des Bundestags teilweise Selbstkritik. "Der DFB muss sich die Frage gefallen lassen, ob er als Verband und der Fußball insgesamt in der Vergangenheit immer alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um rassistischen und diskriminierenden Äußerungen unmissverständlich entgegenzutreten und die Betroffenen zu schützen." Die Aufzählung der Aktionstage und Präventionsveranstaltungen des DFB klingt imposant. Tatsächlich sei die Zahl der diskriminierenden Vorgänge in den höheren Spielklassen seit den 1990er-Jahren zurückgegangen, sagt Schmidt. Das liege auch an den verschärften Überwachungsmöglichkeiten in den Stadien.
Im Amateurbereich aber stellt der DFB fest: Aufgrund Unwissenheit, falsch verstandener Loyalität oder Angst würden viele Vorfälle nicht gemeldet. "Die ehrenamtlich Spielbeteiligten, das heißt Trainer, Schiedsrichter und Sportrichter sind in Umgang und Beurteilung der Verfolgung und anschließend der Sanktionierung schlichtweg oft überfordert", so Schmidt.
Schiedsrichter erhalten Schulungen
Überforderung hat der DFB im Übrigen auch bei seinen Elite-Schiedsrichtern erkannt: Die hatten am vergangenen Wochenende mehrere Bundesligaspiele unterbrochen, weil Fans den Hoffenheimer Mäzen Dietmar Hopp massiv beleidigt hatten. Grundlage für die Unterbrechung: die Drei-Stufen-Regelung von UEFA und DFB. Nur, erklärte die Diversity-Managerin des DFB, Claudia Krobitzsch: "Diese Regelung ist für Rassismus- und Diskriminierungsfälle und soll nicht für Beleidigungen eingesetzt werden. Das kam vielleicht falsch rüber, wir müssen das nachschärfen." Die Schiedsrichter wurden bereits nachgeschult.
Unklar ist, ob in den nächsten Liga-Spielen bei Rassismusvorfällen - wie es in der Vergangenheit mehrere gab - das Spiel nun tatsächlich auch unterbrochen wird. Es wäre sicherlich ein schärferes Schwert als alle wohlgemeinten Appelle.
Wie schützt der Fußball vor Rassismus - Anhörung im Sportausschuss
Barbara Kostolnik, ARD Berlin
04.03.2020 20:40 Uhr
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