
Opferzahl korrigiert Mehr als 200 Tote bei Unruhen in Äthiopien
Stand: 08.07.2020 11:15 Uhr
Bei den Unruhen im Land des Friedensnobelpreisträgers Abiy sind offenbar mehr Menschen gestorben als offiziell bekannt war. Die äthiopische Polizei korrigierte die Zahl der Toten auf 239. Mehr als 3500 Menschen wurden verhaftet.
Die Polizei in Äthiopien hat die Zahl der Todesopfer der schweren Unruhen nach oben korrigiert: Nach Angaben des stellvertretenden Polizeichefs der Region Oromia, Mustafa Kedir, wurden bisher mindestens 239 Menschen getötet, mehr als 3500 Menschen wurden verhaftet. Das meldet die Nachrichtenagentur AFP. Unter den Opfern seien neun Polizisten, fünf Milizionäre und 215 Zivilisten. Zehn weitere Menschen seien in der Hauptstadt Addis Abeba getötet worden. Die Behörden führen die Todesfälle auf Einsätze der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten sowie Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volksgruppen zurück.
Zuvor hatte die Polizei von 166 Toten gesprochen. Die landesweiten Proteste waren durch die Ermordung des beliebten Sängers Hachalu Hundessa ausgelöst worden. Hachalu gehörte den Oromo an, der größten Volksgruppe in Äthiopien. In seiner Musik thematisierte er immer wieder das Gefühl der Oromo, wirtschaftlich und politisch benachteiligt zu werden.
Vielvölkerstaat Äthiopien
Äthiopien mit seinen 100 Millionen Einwohnern ist ein Vielvölkerstaat, in dem es immer wieder Spannungen zwischen den Volksgruppen gibt. Die Behörden machten wiederholt die Rebellengruppe Oromo Liberation Army und die oppositionelle Tigray-Volksbefreiungsfront für die Unruhen verantwortlich.
2018 wurden Hachalus Lieder zu Hymnen der Protestbewegung. Regierungschef Hailemariam Desalegn musste zurücktreten. Nachfolger Ahmed Abiy wird als Reformer und Hoffnungsträger gesehen. Sein Vater ist Oromo und Muslim, seine Mutter Amharin und Christin. Er ließ unter anderem politische Gefangene frei und beschnitt die Macht des Militärs. Im vergangenen Jahr erhielt er den Friedensnobelpreis. Allerdings sind während seiner Amtszeit ethnische Spannungen und Konflikte wieder angestiegen.
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