
Neuer US-Justizstreit "Ich bin nicht zurückgetreten"
Stand: 20.06.2020 11:03 Uhr
Kritiker werfen US-Justizminister Barr vor, sein Amt für den Präsidenten zu missbrauchen. Ein neuer Fall befeuert dies: Barr will einen Staatsanwalt entlassen, der gegen mehrere Trump-Vertraute ermittelte. Doch der will nicht weichen.
In den USA ist ein neuer Konflikt zwischen der Regierung von Präsident Donald Trump und der Justiz ausgebrochen: Justizminister William Barr kündigte den Abgang des Bundesanwalts für Manhattan, Geoffrey Berman, an, der mehrere Ermittlungen gegen Trumps Umfeld leitete.
Der Bundesanwalt für Manhattan gilt allgemein als einer der mächtigsten Staatsanwälte der USA. Berman hatte unter anderem die Ermittlungen gegen Trumps früheren Anwalt Michael Cohen geleitet. Er nahm außerdem Trumps derzeitigen Anwalt Rudy Giuliani wegen dessen Bemühungen ins Visier, in der Ukraine schädliche Informationen über Trumps Rivalen Joe Biden zu finden.
Berman widerspricht
Am Freitagabend erklärte Justizminister Barr überraschend, Trump wolle den derzeitigen Leiter der US-Börsenaufsicht, Jay Clayton, zum neuen Bundesanwalt für den Südlichen Bezirk von New York - also Manhattan - machen. Er danke Berman, der nach zweieinhalb Jahren auf dem Posten abtrete, für seine Arbeit.
Die Antwort des Staatsanwalts kam postwendend: "Ich habe heute Abend in einer Pressemitteilung des Justizministers erfahren, dass ich als US-Staatsanwalt 'zurücktrete'", erklärte Berman. "Ich bin nicht zurückgetreten, und ich habe nicht die Absicht zurückzutreten." Dies gelte, bis der US-Senat einen Nachfolger für ihn bestätigt habe. Solange würden die laufenden Ermittlungen weitergeführt.
Die genauen Hintergründe der Konfrontation waren zunächst unklar. Die oppositionellen Demokraten reagierten mit Fassungslosigkeit. "Diese Entlassung an einem Freitagabend riecht nach einer möglichen Korruption des rechtlichen Prozesses", erklärte der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer. "Was verärgert Präsident Trump? Eine frühere Handlung des Staatsanwalts oder eine, die noch andauert?"
Schutzschild für den Präsidenten?
Kritiker werfen Justizminister Barr vor, sein Ministerium zunehmend zu politisieren und als Schutzschild für den Präsidenten zu missbrauchen. In den vergangenen Monaten hat Trump zudem mehrere Generalinspekteure entlassen, die für eine unabhängige Aufsicht der Arbeit der Regierung und ihrer Behörden verantwortlich sind.
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