
Lukaschenko in Sotschi Putin hilft - mit Geld
Stand: 14.09.2020 17:17 Uhr
Der unter Druck stehende belarusische Präsident Lukaschenko kann zumindest finanziell weiter auf russische Hilfe setzen. Kremlchef Putin versprach einen neuen Milliardenkredit - und warnte erneut vor Einmischung aus dem Ausland.
Kremlchef Wladimir Putin hat angesichts des Machtkampfes in Belarus seinem angeschlagenen Kollegen Alexander Lukaschenko einen Kredit von 1,5 Milliarden US-Dollar versprochen. Das Nachbarland solle "in diesem schwierigen Moment" die Hilfe aus Moskau bekommen, sagte Putin bei einem Treffen mit Lukaschenko in Sotschi.
Putin sagte Lukaschenko eine enge Zusammenarbeit zu, wie die Agentur RIA meldete. Dies gelte für die Verteidigung wie auch für Handel und Investitionen. Lukaschenko dankte Putin im Gegenzug für die Unterstützung Russlands. Die jüngsten Ereignisse zeigten, wie wichtig die Verbindung beider Länder sei, wurde der belarusische Präsident von RIA zitiert.
Putin unterstützt Lukaschenko mit Milliardenkredit
tagesschau 20:00 Uhr, 14.09.2020, Ina Ruck, ARD Moskau
Putin fordert Dialog ohne Druck von außen
Putin sprach sich aufgrund der angespannten Lage auch für eine Verfassungsreform in Belarus aus. "Ich denke, dass ist logisch, zeitgemäß und angemessen", sagte der Kremlchef. Mögliche Veränderungen hatte auch Lukaschenko bereits angedeutet. Die Opposition vermutet aber, dass er mit diesen Versprechungen nur Zeit gewinnen wolle.
Zugleich warnte Putin erneut vor einer Einmischung des Auslands in den Machtkampf. Die Menschen sollten ohne Druck von außen in einem Dialog miteinander reden, "um diese Situation zu klären". Der Kremlchef selbst hatte zuvor Belarus für den Ernstfall auch Truppen-Unterstützung in Aussicht gestellt.
Es ist das erste persönliche Treffen der beiden seit der umstrittenen Präsidentenwahl vom 9. August - und das erste Mal seit der Wahl, dass Lukaschenko das Land verlassen hat. Er hatte sich nach 26 Jahren an der Macht zum sechsten Mal in Folge zum Wahlsieger erklären lassen - mit mehr als 80 Prozent der Stimmen. Die EU erkennt dieses Ergebnis nicht an. Moskau hatte Lukaschenko jedoch gratuliert.
Opposition warnt Putin
Lukaschenko steht seit der Präsidentenwahl und den wochenlangen Massenprotesten immens unter Druck. Vor allem wirtschaftliche Probleme machen ihm zu schaffen. Einige Staatsbetriebe sind zeitweise von wütenden Arbeitern bestreikt worden. Diese legten die Arbeit nieder, weil sie sich um ihre Stimmen bei der Präsidentenwahl betrogen sehen.
Minsk ist wirtschaftlich massiv von Moskau abhängig. Belarus hat laut eigenem Finanzministerium 18 Milliarden US-Dollar Schulden im Ausland. Mit einem großen Teil dieser Summe steht das Land demnach bei Russland in der Schuld. Bis Ende September müsste Belarus 328 Millionen US-Dollar Schulden für Gaslieferungen begleichen. Und der Ende des Jahres auslaufende Gasvertrag muss neu ausgehandelt werden.
Wirtschaftliche und militärische Hilfe aus Russland könnten Lukaschenko helfen, am Ruder zu bleiben. Putins bisherige Reaktion deutet darauf hin, dass er keinen Sturz seines Amtskollegen durch den Druck der Straße wünscht. Von dem Treffen erhoffte sich Lukaschenko vor allem Rückenwind für seine sechste Amtszeit. Laut Verfassung ist die Amtseinführung innerhalb von zwei Monaten nach der Wahl anzusetzen - also bis 9. Oktober.
Die im Exil lebende Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja warnte Putin, dass mögliche Vereinbarungen, die er mit Lukaschenko treffen könnte, keinen Bestand haben würden. "Ich bedauere sehr, dass Sie entschieden haben, einen Dialog mit dem Diktator zu führen und nicht mit dem belarusischen Volk", sagte sie. "Jegliche Abkommen, die mit Lukaschenko unterzeichnet werden, dem Legitimität fehlt, werden von der neuen Regierung zurückgezogen werden."
Ina Ruck, ARD Moskau, zur Unterstützung aus Moskau
tagesschau 17:00 Uhr, 14.09.2020
Macron telefoniert mit Putin
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief erneut zu einer politischen Lösung in Belarus auf. Diese sollte ohne Einflussnahme von außen erfolgen. In einem Telefonat zwischen Macron und Putin seien sich beide Präsidenten einig gewesen, dass es eine friedliche Lösung in Belarus geben müsse, teilte das Präsidialamt in Moskau mit.
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vereinbarte, am Freitag eine Dringlichkeitsdebatte über Belarus abzuhalten. Der deutsche Botschafter Michael von Ungern-Sternberg, der die Debatte im Namen der EU beantragt hatte, sagte, der Rat dürfe in dieser Angelegenheit nicht schweigen. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet äußerte sich besorgt über Berichte, die ihr zufolge auf unnötige oder unangemessene Gewalt durch Beamte hindeuteten sowie auf Tausende Festnahmen, und über Foltervorwürfe.
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