
Corona-Epidemie in Brasilien Stadien werden zu Not-Lazaretten
Stand: 04.04.2020 11:37 Uhr
Brasiliens Präsident redet die Gefahren der Corona-Epidemie klein. Doch die Regionalregierung in São Paulo baut kurzerhand im Pacaembu-Stadion ein Lazarett auf. Auch Rio de Janeiro handelt.
Von Ivo Marusczyk, ARD-Studio Buenos Aires
Es hat nur wenige Tage gedauert, das Feld-Lazarett zu errichten. Der Eingang zum neuen Behelfskrankenhaus liegt kurz hinter dem Strafraum. Auf dem Rasen sind zwei große Zelte errichtet worden, Betten und Behandlungsräume wurden aufgebaut. Wo sonst der Ball rollt, sollen ab sofort Kranke behandelt werden.
Das Pacaembu-Stadion war bis zur Fußball-WM die Spielstätte der Corinthians São Paulo und von Palmeiras São Paulo, der beiden wichtigsten Fußballclubs von São Paulo. Jetzt ist die Arena zu einem Not-Spital umfunktioniert worden.
Darauf ist João Doria, der Gouverneur des Bundesstaats São Paulo, sichtlich stolz. "Hier steht jetzt ein Feldlazarett, das von der Stadt und mit Hilfe des Landes gebaut wird", sagt er. Es sei nicht das einzige Lazarett, das hier in der Stadt errichtet werde. Aber es sei ist mit Sicherheit das symbolträchtigste.
Stadion in Sao Paulo wird zu Lazarett umgebaut
04.04.2020, Matthias Ebert, ARD Rio de Janeiro
2000 zusätzliche Betten
Doria ist derzeit der Lieblingsgegner von Präsident Jair Bolsonaro. Denn Bolsonaro hält die Corona-Pandemie nach wie vor für eine kleine Grippe, die den Brasilianern nichts anhaben könne. Und er fordert, alle Sperren, Schließungen und Kontaktverbote aufzuheben.
Doria hatte entgegen der Linie der Bundesregierung in Brasília Ausgangssperren verhängt und musste sich deswegen von Bolsonaro als "Wahnsinniger" beschimpfen lassen. Das symbolträchtige Lazarett im Stadion soll wohl auch unterstreichen: Hier nehmen wir die Krankheit ernst.
"Wir haben die Unterstützung des Albert Einstein-Krankenhauses, seiner Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger. Hier arbeiten Fachleute aus dem öffentlichen und privaten Sektor zusammen", sagt Doria. 200 Patienten würden hier versorgt, und auf den richtigen Weg der Behandlung gebracht.
Bürgermeister Bruno Covas ergänzt, die 200 Betten auf dem Fußballrasen seien natürlich nicht die einzigen neuen Behandlungsplätze: "Insgesamt sind es 2000 Betten, wenn man das Anhembi-Messezentrum und das Stadion hier zusammennimmt." Damit können den anderen Krankenhäusern hier in São Paulo Freiräume geschaffen werden. "Hier werden wir Covid-Patienten mit leichten und mittelschweren Symptomen aufnehmen, also Fälle, die keine Intensivstation brauchen."
Gesundheitssystem am Rand der Überlastung
Ähnliche Vorbereitungen trifft man auch in Rio de Janeiro. Dort gilt keine Ausgangssperre, aber auch in Rio wurden Zelte für ein Behelfs-Krankenhaus auf dem Gelände des berühmten Maracanã-Stadions errichtet. Der Unterschied zu São Paulo: Im Maracanã darf der Innenraum der Fußball-Arena nicht genutzt werden, das Lazarett wurde direkt neben dem eigentlichen Stadion errichtet.
Neben dem Maracanã gibt es noch eine kleines Leichtathletik-Stadion, das jetzt zum Not-Spital wird. Edmar Santos, der Staatssekretär für Gesundheit von Rio de Janeiro gibt sich zuversichtlich. "Wir werden 400 Betten haben und wir haben hier schon den Plan vorliegen, der zeigt, wie innerhalb der Zelte der Ablauf der Behandlung ablaufen wird", sagt er. Man habe von früheren Erfahrungen profitieren können, so dass das Lazarett sehr gut funktionieren werde.
Die Fußballclubs von Rio haben verhindert, dass der Innenraum des Maracanã-Stadions selbst genutzt wird. Sie befürchten, dass das Lazarett noch länger gebraucht wird. Denn während der Präsident die Corona-Gefahr kleinredet, befürchten viele, dass die Pandemie gerade in Schwellenländern wie Brasilien dramatische Ausmaße annehmen könnte. Denn das Gesundheitssystem war schon vor der Corona-Krise immer am Rand der Überlastung. In den dicht besiedelten Favelas können die Menschen die nötige Distanz gar nicht einhalten.
Corona in Brasilien – Stadien werden zu Not-Lazaretten
Ivo Marusczyk, ARD Buenos Aires
04.04.2020 06:59 Uhr
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