
Anhörung von Cohen Blick in den Abgrund
Stand: 28.02.2019 11:33 Uhr
Die Anhörung vor dem Kongress machte Cohen zu einer Abrechnung mit Trump. Dieser sei ein Rassist, Schwindler und Betrüger - und er warnte vor Trump im Falle einer künftigen Wahlniederlage.
Von Jan Bösche ARD-Studio Washington
Michael Cohen war einmal Donald Trumps Anwalt, jahrelang löste er dessen Probleme. Jetzt ist er zu einem Kritiker geworden.
Seine öffentliche Anhörung im Kongress war Schuldeingeständis und Anklage: "Ich schäme mich, dass ich daran beteiligt war, Trumps illegale Taten verheimlicht zu haben, anstelle auf mein Gewissen zu hören. Herr Trump ist ein Rassist, ein Schwindler, ein Betrüger."
Cohen schilderte, wie er auf Trumps Anweisung Schweigegeld an eine Frau zahlte, mit der Trump eine Affäre gehabt haben soll. Er sprach über Geschäftsverhandlungen in Russland während des Wahlkampfes, die nicht ans Licht kommen sollten.
"Es gibt keine friedliche Machtübergabe"
Er sagte, Trump habe frühzeitig davon gewusst, dass Wikileaks im Wahlkampf E-Mails seiner Konkurrentin Hillary Clinton veröffentlichen werde.
Und er warnte, wenn Trump 2020 die Präsidentschaftswahlen verlieren sollte, werde es keine friedliche Machtübergabe geben. "Ich habe das gleiche getan, was sie jetzt tun. Ich habe Herrn Trump für zehn Jahre beschützt. Je mehr Leute ihm blind folgen, so wie ich, desto mehr werden die gleichen Konsequenzen erleiden."
Das war an die Republikaner im Ausschuss gerichtet. Sie hatten sich das Ziel gesetzt, Cohens Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. Immerhin ist er bereits verurteilt worden, weil er den Kongress in früheren Aussagen angelogen hatte. Unter anderem deswegen muss er für drei Jahre ins Gefängnis.
Der Republikaner Al Green sagte über Cohen: "Nichts, was er sagt, ist glaubwürdig. Offenbar hat er auch gelogen, sein eigenes Kind geboren zu haben, was seine Frau korrigieren musste. Wie in aller Welt ist dieser Zeuge glaubwürdig?"
Cohen rechnet bei Anhörung mit Trump ab
mittagsmagazin 13:00 Uhr, 28.02.2019, Claudia Buckenmeier, ARD Washington
"Er kann Fakten nicht von Fiktion unterscheiden"
Der Republikaner Paul Gosar sagte: "Er hat ein Problem, er kann Fakten nicht von Fiktion unterscheiden. Sie haben das nicht für Trump getan, Sie haben es für sich getan. Es geht um Sie. Es gibt keine Wahrheit bei Ihnen. Niemand sollte Ihnen zuhören und Ihnen Glaubwürdigkeit zusprechen."
Cohen war von der neuen demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus vorgeladen worden. Der Ausschussvorsitzende Elijah Cummings verteidigte die Entscheidung und sagte über Cohen: "Ich glaube, er hat die Wahrheit gesagt. Ich denke, er ist reumütig. Viele sagen, er ist nur gekommen, weil er seine Haftzeit reduzieren will. Das ist unwahrscheinlich. Ich habe ihm gesagt: Wenn Sie herkommen und lügen, werde ich Sie ans Kreuz schlagen."
Cohen versuchte, seine Aussagen mit Beweisen zu untermauern. Zum Beispiel mit einem Scheck, den ihm Trump geschickt haben soll, als er schon Präsident war - eine Rückzahlung des Schweigegelds.
Keine bahnbrechenden Neuigkeiten
Rechtsexperten sagten trotzdem, bei der Anhörung sei nichts bahnbrechend Neues herausgekommen. Der Anwalt Solomon Wisenberg sagte dem Fernsehsender PBS über die Schweigegeld-Zahlungen: "Das steht alles in seinem Schuldeingeständnis. Ich garantiere Ihnen, er hat nichts gesagt, was er nicht schon vorher den Ermittlern in New York gesagt hätte. Das sind starke Beweise gegen Cohen, diese könnten dem Präsidenten gefährlich werden." In der Aussage habe es aber nichts Neues gegeben.
In vielen Fragen steht Cohens Aussage gegen die Aussagen von Trump und seinen Anwälten. Die entscheidende Frage ist, welche Beweise die Ermittler darüber hinaus haben.
Der Ausschuss-Vorsitzende Cummings kündigte an, die Befragung sei nicht das Ende eines Prozesses gewesen, sondern erst der Anfang.
Video
Audio
Aus dem Archiv
Weitere Meldungen aus dem Archiv vom 28.02.2019 und vom 27.02.2019
- Alle Meldungen vom 28.02.2019 zeigen
- Alle Meldungen vom 27.02.2019 zeigen