
Corona-Hotspot Südafrika "Der Lockdown wurde nicht genutzt"
Stand: 13.07.2020 09:41 Uhr
Fast täglich verzeichnet Südafrika neue Corona-Höchststände. Trotzdem verlieren die harten Krisenmaßnahmen der Regierung immer mehr an Akzeptanz, während die Krankenhäuser zunehmend an ihre Grenzen kommen.
Von Leonie March, ARD-Studio Johannesburg
Armina Lackay steht mit anderen Eltern vor einer Schule in Kapstadt. In gebührendem Abstand halten sie Plakate hoch. "Bildung ist wichtig", steht darauf, "aber Corona ist tödlich". Eine klare Ansage an die Regierung, die die Schulen gestaffelt nach Klassenstufen öffnet, nach den ersten beiden Jahrgängen seit Montag für drei weitere.
"Wir sind in Sorge um unsere Kinder und deren Lehrer, denn ihre Leben sind in Gefahr", erklärt die Mutter einer Fernsehreporterin. Ein Lehrer sei bereits gestorben, eine Lehrerin sei positiv getestet worden. "Es ist uns also sehr ernst: Wir können unsere Kinder dieser Gefahr nicht aussetzen."
"Der Sturm, vor dem wir wiederholt gewarnt haben"
Denn die Infektionsrate steigt rapide. Die Zahl neuer Corona-Fälle hat in den letzten Tagen immer neue Höchststände erreicht. Damit gehört Südafrika auch weltweit zu den Ländern mit den meisten Neuinfektionen.
Gesundheitsminister Zweli Mkhize drückte es bei einer virtuellen Parlamentsdebatte so aus:
"Der Sturm, vor dem wir wiederholt gewarnt haben, ist nun im Anzug. Wir müssen jetzt als Nation zusammenstehen und all die Maßnahmen ergreifen, die die Ausbreitung des Virus eindämmen."
Kritik am Krisenmanagement der Regierung
Doch im Straßenbild sind weiterhin viele Menschen ohne Gesichtsmasken oder mit Masken "auf Halbmast" zu sehen. Steigende Arbeitslosigkeit und wachsender Hunger treiben sie mehr um als die Ansteckungsgefahr. Die ursprüngliche Unterstützung für das Krisenmanagement des Staates bröckelt. Kritik nimmt zu.
"Der gravierende Anstieg der Infektionsrate ist größtenteils eine Konsequenz inadäquater Präventionsprogramme", bemängelt Alex van den Heever von der Johannesburger Wits-Universität. "Nun offenbaren sich schwerwiegende Schwächen bei der Umsetzung der Maßnahmen."
Südafrika habe nicht im nötigen Umfang und zum richtigen Zeitpunkt getestet und Kontakte von Patienten verfolgt, sagt van den Heever. "Der harte Lockdown wurde nicht effektiv dazu genutzt, um diesen Anstieg zu verhindern."
Medizinische Kapazitäten an den Grenzen
Entsprechend groß sind nun die Sorgen: Auf Friedhöfen wird zusätzlicher Platz für Gräber geschaffen. Krankenhäuser bereiten sich auf einen massiven Zustrom von Patienten vor. Einige arbeiten schon jetzt am Rande ihrer Kapazität.
"Schon jetzt wird in einigen staatlichen und privaten Krankenhäusern die medizinische Schutzkleidung knapp", kritisiert Simon Hlungwani, Präsident des Krankenschwesternverbands DENOSA, in einem TV-Interview. "Wir dürfen nicht zulassen, dass noch mehr Krankenschwestern und Ärzte erkranken oder sogar sterben. Sonst entsteht auch hier ein gravierender Mangel."
Denn medizinisches Personal wird auch in den Feldhospitälern gebraucht, die weiterhin ausgebaut werden - außerdem Tests, Sauerstoff, Intensivbetten. Die Liste ist lang. Es ist ein Rennen gegen die Zeit.
Hotspot Südafrika - Rapider Anstieg der Covid-Infektionen
Leonie March, ARD Johannesburg
13.07.2020 06:40 Uhr
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