
Coronavirus in den USA Dreimal höheres Risiko für Schwarze
Stand: 07.07.2020 06:57 Uhr
Eine Studie bestätigt: Das Infektionsrisiko für schwarze und hispanische US-Amerikaner ist dreimal so hoch wie für weiße. Vorerkrankungen galten als eine Ursache - doch so einfach ist es offenbar nicht.
Von Torsten Teichmann, ARD-Studio Washington
Im US-Bundesstaat Kentucky liegen die beiden größten Städte, Lexington und Louisville nah beieinander. Doch in Lexington ist es für schwarze Amerikaner offenbar dreimal wahrscheinlicher sich mit dem Coronavirus zu infizieren als für weiße.
Im benachbarten Louisville sind die Unterschiede dagegen weniger krass, sagt Anita Fernander von der Universität von Kentucky. "In Louisville hatte das Gesundheitsamt vor etwa zehn Jahren ein Zentrum aufgebaut, das Ungleichheiten bei der Gesundheit in verschiedenen Gemeinschaften angeht. Es kann sein, dass sie über Netzwerke verfügen, um Menschen gezielt anzusprechen und gezielt zu testen."
Unterschiede im ganzen Land
Louisville scheint derzeit die Ausnahme. Die deutlichen Unterschiede zwischen weißen, schwarzen und auch hispanischen Amerikanern in Lexington sind dagegen beispielhaft für Corona-Pandemie in den USA.
Einen umfassenden Blick erlauben Daten der Gesundheitsbehörde CDC mit Informationen von mehr als 1,5 Millionen Corona-Patienten. Ethnische Unterschiede beim Risiko einer Infektion spielen nicht nur in kleineren Städten wie Lexington in Kentucky eine Rolle, sondern auch in US-Metropolen wie New York und Milwaukee.
"Licht auf die Probleme in einer Gesellschaft"
Manchmal falle mitten in einer Krise ein helles Licht auf die Probleme in einer Gesellschaft, sagte der Immunologe Anthony Fauci schon im April. Landesweit betrachtet ist es für schwarze und hispanische Amerikaner dreimal so wahrscheinlich sich mit Corona zu infizieren wie für ihre weißen Nachbarn.
Bei der Frage nach den Ursachen war die einhellige Meinung bisher: Vorerkrankungen. Diabetes, Asthma oder Übergewicht seien aber nicht die einzigen Faktoren, sagt die Ärztin Leana Wen in einer Online-Diskussion des Rats für Auswärtige Beziehungen. "Wenn man vor der Pandemie nicht versichert war oder die Versicherung verloren hat, weil man arbeitslos geworden ist, dann kann das Vorerkrankungen verschärfen. Das bedeutet, dass diese Menschen empfänglicher sind für eine Corona-Erkrankung."
Nicht nur Vorerkrankungen entscheidend
Fernander geht noch einen Schritt weiter: Über Jahrhunderte hätten soziale und politische Entscheidungen Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen gehabt. Das habe auch nicht mit dem Ende der Sklaverei aufgehört, so die schwarze Amerikanerin. "Es gibt soziale und strukturelle Vorbedingungen, wie fehlender Zugang zu medizinischer Versorgung, Stress in den Gemeinschaften. Aber auch schlechte Lage unserer Parks - wo befinden sich unsere Lebensmittelgeschäfte oder Fast-Food-Ketten, wie gut ist der Zugang zu Bildung - all diese Faktoren spielen eine Rolle."
Corona sei wie ein Vergrößerungsglas, erzählt Fernander im Interview vor der medizinischen Fakultät der Universität von Kentucky. Sie sei vorsichtig optimistisch, dass sich durch die Krise aber auch etwas ändern könne.
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Torsten Teichmann, ARD Washington
07.07.2020 06:22 Uhr
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