
Corona-Ausbruch in Italien Weiteres Todesopfer bestätigt
Stand: 24.02.2020 16:10 Uhr
In Italien ist die Zahl der Toten durch das Coronavirus auf sieben gestiegen. Mehr als 220 Menschen sind infiziert. Die Regierung ergriff drastische Maßnahmen gegen die Ausbreitung - und einige Nachbarländer ebenfalls.
Die italienischen Behörden haben laut der Agentur Reuters ein siebtes Todesopfer im Zusammenhang mit dem sich dort ausbreitenden Coronavirus gemeldet. Demnach stieg die Zahl der Infizierten auf mehr als 220.
Drastische Maßnahmen gegen weitere Ausbreitung
Italien hat sich zum größten Herd des neuartigen Virus in Europa entwickelt. Die meisten Fälle wurden in der norditalienischen Region Lombardei gemeldet. Zehn Orte sind unter Quarantäne, das öffentliche Leben liegt weitgehend lahm. Betriebe, Geschäfte, Museen und Schulen sind geschlossen. Es ist nicht erlaubt, aus den Orten raus- oder in sie hineinzufahren.
Im benachbarten Venetien sind von heute an nicht nur Universitäten, Schulen und Kindergärten geschlossen, sondern auch alle öffentlichen Veranstaltungen untersagt. Aus diesem Grund mussten um Mitternacht in Venedig auch die weltbekannten Karnevalsfeiern abgesagt werden. Auch in den bislang von den Coronavirus-Infektionen nur wenig betroffenen Regionen Emilia-Romagna und Trentino-Südtirol gibt es inzwischen Schulschließungen. In der Provinz Trient wurden gestern die ersten drei Coronavirus-Fälle gemeldet. Die italienische Fußball-Liga sagte mehrere Erstliga-Begegnungen ab.
Italien ergreift drastische Maßnahmen gegen das Coronavirus
tagesschau 16:00 Uhr, 24.02.2020, Ellen Trapp, BR Rom
Die Maßnahmen erinnern an die chinesische Vorgehensweise gegen das Virus. Man wolle aber die Menschen in den italienischen Sperrgebieten nicht alleine lassen, sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte. In den nächsten Tagen soll beispielsweise eine neue Verordnung einen finanziellen Ausgleich regeln.
Die EU-Kommission begrüßte die Schritte Italiens zur Eindämmung der Ausbreitung. Die italienische Regierung habe schnell gehandelt und "wirksame Strukturen, um in gut abgestimmter Weise auf diesen Ausbruch zu reagieren", sagte der für Krisenkoordination zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic in Brüssel. Er kündigte die Freigabe von 232 Millionen Euro an, um den weltweiten Kampf gegen den Virus zu verstärken.
Mit Blick auf mögliche Grenzkontrollen zur Eindämmung der Krankheit im Schengenraum sagte Lenarcic, dies liege in der Kompetenz und Entscheidung der einzelnen Mitgliedstaaten. Er forderte die Regierungen aber auf, alle Entscheidungen zum Kampf gegen das Virus auf Grundlage "einer glaubwürdigen Risikobewertung" zu treffen sowie verhältnismäßig und abgestimmt zu handeln.
Unklar ist allerdings nach wie vor, auf welchem Weg und durch welche Person das Coronavirus nach Italien gelangt ist. Nach diesem sogenannten "Patiente Zero", dem Patienten Null, werde weiterhin intensiv gesucht, sagte Italiens Zivilschutzchef Borrelli. Kenne man den Beginn der Infektionskette, sei es einfacher, die mögliche maximale Dimension der Verbreitung in Italien einzuschätzen.
Nach Angaben von EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides stimmte die Regierung in Rom einer Mission von Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zu. Diese solle am Dienstag in Italien eintreffen. "Wir müssen diese Situation ernst nehmen", sagte Kyriakides. Die EU-Bürger sollten aber "nicht in Panik verfallen" und auf Desinformationen über die Krankheit hereinfallen.
Nachbarstaaten mit erhöhter Aufmerksamkeit
Auch die österreichische Regierung warnte vor Panik und Hysterie. "Wir sind nach wie vor in einer sicheren, stabilen Situation", sagte Innenminister Karl Nehammer. Es bestehe kein Grund zur Panik, bekräftigte auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Alle 189 Tests auf das Coronavirus, die bisher in Österreich erfolgt seien, seien negativ. Die Behörden seien international in engem Kontakt.
Aus Sicherheitsgründen hatten sie am Sonntagabend wegen zweier Verdachtsfälle den Zugverkehr über den Brenner für vier Stunden eingestellt, ihn dann aber wieder aufgenommen. Der Verdacht hatte sich nicht bestätigt.
In Südtirol bereiteten sich die Behörden auf mögliche eingeschleppte Infektionen vor. Kitas sollten vorerst geschlossen bleiben. Auch Frankreich ergriff erste Maßnahmen. Die Lage in Italien werde "aufmerksam verfolgt", sagte Gesundheitsminister Olivier Véran.
Die Bundesregierung beobachtet ebenfalls die Lage. "Unsere Botschaft und die deutschen Konsulate in Italien stehen mit den italienischen Behörden in Kontakt für den Fall, dass die italienischen Maßnahmen Deutsche betreffen", hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Rückkehrern aus den betroffenen Regionen in Norditalien wurde empfohlen, sich an die entsprechenden Hinweise des Robert Koch-Instituts und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf deren Internetseiten zu halten.
Flugzeug auf Mauritius blockiert
Auf Mauritius wurde unterdessen ein italienisches Flugzeug blockiert. Wie die Fluggesellschaft Alitalia erklärte, wurden 40 Passagiere aus der Lombardei und aus Venetien aufgefordert, nach dem Aussteigen in lokale Quarantäne zu gehen. Da sie dies abgelehnt hätten, dürften sie das Flugzeug nicht verlassen und würden nun wieder nach Italien gebracht. An Bord der Maschine von Rom nach Mauritius seien 212 Reisende gewesen. Keiner an Bord hätte Symptome, die auf das Virus hindeuten würden, gezeigt.
Mit Informationen unseres Korrespondenten Jörg Seisselberg, ARD-Studio Rom
Coronavirus in Italien: 5 Tote, über 210 Infizierte
Jörg Seisselberg, ARD Rom
24.02.2020 13:05 Uhr
Video
Audio
Aus dem Archiv
Weitere Meldungen aus dem Archiv vom 24.02.2020
- Alle Meldungen vom 24.02.2020 zeigen