
Türkische Sicht des Gasstreits Drohungen, Fakten, Kompromissvorschläge
Stand: 15.07.2019 02:07 Uhr
Im Zypern-Gasstreit haben beide Seiten Fakten geschaffen: Die griechischen Zyprer haben Verträge mit Energiekonzernen geschlossen, die Türken Schiffe zur Erkundung geschickt.
Von Karin Senz, ARD-Studio Istanbul
Die türkische Palette reicht von Drohungen, über den Versuch Fakten zu schaffen, bis hin zu Kompromissvorschlägen. Die Türkei ist das einzige Land, das die türkische Republik Nordzypern anerkennt. Sie ist zusammen mit Griechenland und Großbritannien Garantiemacht Zyperns und sieht sich verantwortlich, die Rechte der Menschen im Nordteil zu schützen.
"Auf die geförderten Rohstoffe - ganz gleich ob Erdöl oder Erdgas - haben die türkischen Zyprer nach internationalen Bestimmungen genauso ein Anrecht wie ihre griechischen Nachbarn", so der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. "Wir haben nicht vor, uns dieses Anrecht von völlig unbeteiligten Staaten wegnehmen zu lassen." Er spielt wohl darauf an, dass Zyperns Regierung in Nikosia schon Förderverträge mit ausländischen Energiekonzernen, wie beispielsweise Exxon aus den USA geschlossen hat.
Türkei behauptet, Zusage zu haben
Es scheint, als würden beide Seiten versuchen, Fakten zu schaffen. Drei türkische Bohr- beziehungsweise Forschungsschiffe sind in den Gewässern um die Insel unterwegs. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu erklärte, der zyprische Präsident, Nicos Anastasiades hätte den türkischen Zyprern sogar ein Anrecht auf die Bodenschätze zugestanden.
Eine schriftliche Garantie wolle Anastasiades aber erst geben, wenn die auch verkauft würden: "Er ist heute im Amt, morgen nicht. Wie soll man sich auf mündliche Zusagen verlassen? Deshalb muss es gleich zu Anbeginn einen Vertrag geben", so Cavusoglu.
Überwachung durch die UN?
Tatsächlich scheint die Lage durch die schwierige Konstellation um das geteilte Zypern und ein kompliziertes Seerecht nicht ganz eindeutig. Auch in der EU ist man sich nicht einig, wie man gegen die Türkei im Erdgas-Streit vorgehen soll. Cavusoglu baut schon mal vor: "Schritte der Europäische Union gegen uns würden nichts bringen", warnt er. "Wenn die EU einzig aus Solidarität einen solchen Fehler macht, wird das das Problem nicht lösen. Wir jedenfalls sind flexibel und zu konstruktiven Schritten bereit, um eine Lösung zu finden."
Am Wochenende hat der Chef der türkischen Zyprer, Mustafa Akinci ein Vermittlungskomitee vorgeschlagen - mit gleich vielen Vertreter aus seinem und dem griechischen Teil der Insel. Die Vereinten Nationen sollen das Komitee überwachen, die EU würde Beobachter. Ziel sei es, Bodenschätze gemeinsam zu erforschen und zu heben, so Akinci.