
Weltraumkonferenz in Darmstadt Asteroiden zum Abschuss freigegeben
Stand: 22.01.2019 01:58 Uhr
Mehr als 800 Asteroiden könnten in den nächsten Jahrzehnten die Erde treffen - so wie 2013 in Russland. Damit das nicht passiert, arbeiten die Weltraumnationen an einer Raketenabwehr.
Von Sebastian Kisters, HR
809: Diese Zahl flimmert von einem Bildschirm in einem schmucklosen Raum der Weltraumkonferenz in Darmstadt. 809 Asteroide befinden sich derzeit auf potenziellem Kollisionskurs mit der Erde. Der letzte große Treffer liegt noch nicht lange zurück.
Am 15. Februar 2013 explodierte ein Asteroid über der russischen Stadt Tscheljabinsk. Eine Druckwelle breitet sich aus. Dächer und Türen wurden eingedrückt. Scheiben platzten, 1500 Menschen wurden verletzt.
Asteroiden auf Kollisionskurs
Kein ungewöhnliches Ereignis, meint Rüdiger Jehn. Er leitet die Abteilung Asteroiden-Abwehr bei der ESA. "In Tscheljabinsk, das war ein Brocken mit etwa 20 Meter Durchmesser. So etwas tritt alle 30 bis 40 Jahre ein, nicht so häufig. Aber Objekte, mit einem Durchmesser von bis zu zehn Metern, die können wir fast jedes Jahr erwarten."
Auf seinem Bildschirm sieht Jehn aufgelistet, was da auf uns zukommt. Noch in diesem Jahr könnte die Erde vom Asteroiden mit der Bezeichnung 2006QV89 getroffen werden - geschätzter Durchmesser: 40 Meter. Die Kollisionswahrscheinlichkeit liegt bei rund 1:11.000.
In drei Jahren droht 2009JF1, vermuteter Durchmesser: 16 Meter. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erde getroffen wird, liegt bereits bei 1:4000. In weiterer Zukunft sind auch Himmelskörper dabei, die es auf eine Trefferwahrscheinlichkeit von 1:16 bringen. Die Raumfahrtnationen bereiten Ablenkungsmanöver vor.
Was Wissenschaftler planen, um die Erde vor einer Kollision mit Asteroiden zu schützen
tagesthemen 22:45 Uhr, 20.01.2019, Sebastian Kisters, HR
"Didymoon" soll weichen
In drei Jahren starten die Amerikaner eine Sonde zum Asteroiden mit dem Namen "Didymoon". Diese soll ihn treffen und seine Bahn verändern. Ein Test für den Ernstfall. "Didymoon" soll weichen.
"Die Amerikaner sind federführend", erzählt Jehn. "Wenn ein größerer Asteroid auf die Erde zurast, besteht die Möglichkeit, dass man eine Rakete dagegenschießt und ihn leicht ablenkt, damit er Jahre später die Erde verfehlt." 2022 startet die Mission, die ESA möchte sich beteiligen. "Wir wollen von Europa aus mitarbeiten und nach den Amerikanern zum Asteroiden Didymoon fliegen und den Einschlagskrater untersuchen, damit man besser vermessen kann, wie erfolgreich solche Missionen sind."
"Armageddon" - das war an den Haaren herbeigezogen
Asteroiden zu sprengen - wie im Hollywood Blockbuster "Armageddon" - das sei Science-Fiction. Bruce Willis durfte in dem Film die Welt retten. Er flog zu einem heranrasenden Asteroiden und zerlegte ihn unter Einsatz seines Lebens in Einzelteile. "Das war an den Haaren herbeigezogen", sagt Jehn. "Das kann man nicht in der letzten Minute machen. Man muss da Jahre vorher hinfliegen. Und eine kleine Richtungsveränderung hervorbringen."
Die Europäer würden sich das übrigens auch allein zutrauen. "Wir sind bereits zu 'Rosetta', einem Kometen, geflogen. Wir haben alle Technologie, um einen Asteroiden genau zu treffen, wenn es nötig wäre. Wir bräuchten nur ein paar Jahre Zeit", sagt Jehn.
Gemeinsam gegen Asteroiden
Zunächst investieren die Europäer jetzt aber in ein neues Superteleskop, das auf Sizilien arbeiten soll, um gefährliche Asteroiden - wie den von Tscheljabinsk - überhaupt früh genug zu entdecken. "Asteroiden-Abwehr, das ist eine internationale Zusammenarbeit. Wenn ein Einschlag droht, müssen alle Nationen zusammenarbeiten", sagt Jehn. Deshalb treffen sich Vertreter von Raumfahrtnationen ab Dienstag bei der ESA in Darmstadt. Weltraumsicherheit ist ihr Thema.
Neben den Asteroiden wird es dann vor allem auch um Weltraumschrott gehen. Viele ausgediente und nicht mehr steuerbare Satelliten sind in den vergangenen Jahren zusammengestoßen. Nun fliegt Schrott um die Erde. Mehr als 17.000 Einzelteile sind bekannt. Dauernd müssen aktive Satelliten diesen Teilen ausweichen. Auch die ISS war schon betroffen. "Wenn wir heute keine Gegenmaßnahmen ergreifen, ist dieses Problem in zehn bis 20 Jahren nicht mehr zu lösen", sagt ESA-Mann Jehn.
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