
Anti-Terror-Agenda der EU Brüssel setzt auf Vernetzung
Stand: 09.12.2020 17:13 Uhr
Im Herbst wurden mehrere EU-Staaten von Terror-Anschlägen erschüttert. Nun hat die Kommission ein neues Konzept vorgelegt, um solche Attacken zu verhindern. Brüssel setzt auf Grenzschutz, Vernetzung und Prävention.
Von Matthias Reiche, ARD-Studio Brüssel
Die Europäische Union hat ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Terrorismus verabschiedet. Künftig soll es ein verlässliches System zum Abgleich von Fingerabdrücken, DNA-Spuren oder Autokennzeichen geben. Bisher funktioniert dies zwischen den 27 EU-Staaten über bis zu 351 einzelne Verbindungen. Im Kampf gegen den Terror setzt die neue EU-Agenda zahlreiche Schwerpunkte: mehr Informationsaustausch, bessere Schutz potentieller Anschlagsziele, Präventionsprogramme in Schulen oder auch Gefängnissen.
Ein besonders wichtiger Punkt dabei ist, der Radikalisierung von Menschen etwas entgegenzusetzen, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission Margaritis Schinas: "Unsere europäische Lebensart und das, wofür wir stehen, ist nicht optional. Wir werden uns entschlossen gegen jene wehren, die unsere Werte angreifen." Gleichzeitig setze die Kommission auf Integration. "Eine Gesellschaft, in der jeder seinen Platz finden könne, verhindere, dass Menschen anfällig für Ideen des Terrorismus werden", führte Schinas aus.
Kampf gegen Terror-Propaganda
Zugleich stellte er aber auch klar, dass der Europol mehr Rechte eingeräumt werden. So soll die Behörde direkt auf Daten von Internetplattformen zugreifen können, was bisher nur möglich ist, wenn die Informationen von den nationalen Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig soll Europol für die Social-Media-Dienste der Hauptansprechpartner sein, wenn die einen Verdacht auf Kindesmissbrauch oder Terrorismus melden.
Grund ist, dass oftmals nicht klar ist, welches Land in dem konkreten Fall strafrechtlich zuständig ist, erklärte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Sie möchte, dass künftig innerhalb einer Stunde angeordnet werden kann, terroristische Inhalte zu löschen. An einem einzigen Tag im Juli habe Europol über 2000 Internetseiten mit Terror-Propaganda aufgespürt, sagte sie. Sie umfassten Anleitungen zum Bombenbau oder auch Planungen, um Anschläge vorzubereiten. "Das müssen wir natürlich aus dem Netz bekommen", sagte Johansson.
Mehr Kontrollen an Grenzen
Ein weiterer Schwerpunkt im Anti-Terrorkampf der EU ist der Schutz der EU-Außengrenzen. So soll bis 2023 ein neues System für Reisegenehmigungen eingeführt werden. Wenn eine Person mit Visumfreiheit in die EU einreise, könnten die Behörden diese erst dann kontrollieren, wenn sie schon an der Grenze sei, sagte Johansson.
"Deshalb wollen wir künftig ein erweitertes Schengen-Informationssystem, das jede Ein- und Ausreise erfasst. Damit wissen wir künftig vorher, wer einreist und können einen Sicherheitscheck machen und gegebenenfalls eine Einreisewarnung ausstellen." So könnten die EU-Außengrenzen besser geschützt werden.
Zugriff auf verschlüsselte Daten
Im Kampf gegen den Terror will die EU-Kommission auch den Zugriff auf verschlüsselte Daten durchsetzen. Datenschützer und zivilgesellschaftliche Organisationen sind vehement dagegen. Sie fürchten um den Schutz der Privatsphäre. In der EU-Kommission hält man jedoch dagegen, dass das, was im wirklichen Leben illegal sei, auch online illegal sein müsse.
EU-präsentiert Anti-Terrorprogramm
Matthias Reiche, ARD Berlin
09.12.2020 16:33 Uhr
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