
Trump in Kenosha Eine Stadt in Aufruhr
Stand: 02.09.2020 08:24 Uhr
Der Besuch von US-Präsident Trump in Kenosha hat gezeigt: Die Stadt und das Land sind zunehmend gespalten. Während die einen gegen Polizeigewalt protestieren, halten andere Rassismus für ein linkes Hirngespinst.
Von Sebastian Hesse, ARD-Studio Washington, zzt. Kenosha
"Hier geht es nicht um Donald Trump", sagt Calena Roberts. Die schwarze Gewerkschafterin ist aus dem nördlich gelegenen Milwaukee nach Kenosha gekommen, um an einem Nachbarschaftsfest teilzunehmen, das die Angehörigen von Jacob Blake als Gegenprogramm zur Trump-Visite organisiert haben. Am Tatort, also genau da, wo der 29-jährige Schwarze sieben Mal von einem weißen Polizisten in den Rücken geschossen wurde, wird auf der Straße gegrillt und gefeiert.
"Ich bin ausgesprochen optimistisch", sagt Anthony Herring, der auf dem Straßenfest dafür wirbt, dass die Besucher sich ins Wählerverzeichnis eintragen. Nie zuvor, nicht einmal zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung, habe das Problem des systemischen Rassismus solche Aufmerksamkeit erfahren.
Schmerzhafte und zugleich vertraute Bilder
Das meint auch Jim. Er ist einer der wenigen Weißen bei dem Fest. Seit Trump im Amt ist, sei Rassismus wieder gesellschaftsfähig geworden, beklagt er. Daher die Idee des Straßenfestes: Dem Präsidenten die kalte Schulter zeigen, indem man in einem Wohnviertel ein Alternativprogramm anbietet. Hunderte kamen, darunter auch die Bürgerrechtslegende Jesse Jackson. Es sei schmerzhaft gewesen, die Bilder von den Schüssen auf Jacob Blake zu sehen, sagt Jackson, aber es seien leider auch vertraute Bilder.
Trump stellt sich bei Besuch in Kenosha auf Seite der Polizei
tagesschau 09:00 Uhr, 02.09.2020, Claudia Buckenmaier, ARD Washington
In der Innenstadt sind derweil Schaulustige und Trump-Fans zusammengekommen - in der Hoffnung, wenigstens einen kurzen Blick auf den Präsidenten werfen zu können. Megan ist mit ihren beiden Kindern zwei Stunden angefahren und schwenkt eine riesige Trump-Flagge. "Trump, seine Anhänger und die Republikaner wollen nur das Land einen", sagt sie. Rassismus gebe es seit den 1980er Jahren nicht mehr und sei jetzt nur von den Linken aus der Mottenkiste geholt worden, um das Land zu spalten.
"Schon ganz aufregend, dass er hier ist"
So weit würden wohl die wenigsten Einwohner von Kenosha gehen. Aber dass Trump die Nationalgarde entsandt hat, um das Plündern und Randalieren zu stoppen, begrüßen viele - auch Cynthia Rayners: "Ich find’s schon ganz aufregend, dass er hier ist", sagt sie. Trump habe wirklich ein Herz für Polizisten und normale Leute. Während der Unruhen habe sie Angst um ihre Kinder gehabt. Seit in Kenosha eine nächtliche Ausgangssperre herrscht, sei es zwar ruhig geblieben, aber das sei natürlich keine Dauerlösung.
Trump schließlich hatte eine Million Dollar für die Polizei von Kenosha im Gepäck und vier Millionen Dollar für die geschädigten Geschäftsleute. Er hat sich willkommen gefühlt bei seinem Kurzbesuch: Der Präsident konnte nach eigenem Bekunden die "Liebe auf den Straßen" von Wisconsin spüren.
Kenosha - eine Stadt in Aufruhr
Sebastian Hesse, ARD Washington, zzt. Kenosha
02.09.2020 08:06 Uhr
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