
Trump in Osaka Der Gipfelstörer
Stand: 27.06.2019 11:56 Uhr
Die Agenda für den G20-Gipfel in Japan steht: Klima, Handel, Bündnisse. Die Gäste sind bereits in Osaka oder unterwegs, auch US-Präsident Trump. Nur hat der offenbar seine ganz eigene Agenda im Gepäck.
Von Martin Ganslmeier, ARD-Studio Washington, zzt. in Osaka
Beim G20-Gipfel in Hamburg vor zwei Jahren verließ US-Präsident Donald Trump kurzerhand die Runde der Regierungschefs und ließ sich durch seine Tochter Ivanka vertreten. Trump mag keine langwierigen Gesprächsrunden an langen Tischen. Schon gar nicht, wenn er sich von anderen in die Ecke gedrängt fühlt.
Multilaterale Gespräche - nicht Trumps Ding
Unvergessen das Foto beim erfolglosen G7-Gipfel vor einem Jahr in Quebec: Mit verschränkten Armen hörte Trump trotzig zu, während Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf ihn einredeten.
Von multilateralen Runden wie den G7- und G20-Gipfeln hält der selbst erklärte Nationalist wenig. Trumps "America First"-Politik habe die Dynamik der G20-Gipfel deutlich verändert, sagt Jacob Kirkegaard vom "Peterson Institute for International Economy", einer Denkfabrik in Washington:
"Die USA stehen nun entweder abseits oder arbeiten sogar aktiv gegen multilaterale Lösungsversuche. Das ist eine große Veränderung."
Komplette Kehrtwende zu Amtsvorgängern
Das gilt nicht nur für die Klimapolitik, wo die Trump-Regierung nach der Kündigung des Pariser Klimaschutzabkommens auf der Bremse steht. Auch in der Wirtschafts- und Handelspolitik hat Trump mit der jahrzehntelangen Freihandelspolitik seiner Amtsvorgänger gebrochen.
Beim Vorbereitungstreffen der G20-Wirtschaftsminister verhinderte die Trump-Regierung ein gemeinsames Bekenntnis gegen Protektionismus.
Trump will Agenda selbst bestimmen
"In der Wirtschafts- und Handelspolitik unterstützt niemand in der G20-Runde Donald Trump", betont Wirtschaftsexperte Kirkegaard: "China wird dies zu einer diplomatischen Offensive gegen Trump nutzen und sich als Multilateralist präsentieren. China redet lieber über Handel als über Demokratie."
Auch deshalb will Trump die G20-Agenda in Osaka selbst bestimmen. Seine bilateralen Begegnungen mit anderen starken Männern sollen die Schlagzeilen bestimmen. "Ich treffe mich mit Putin, mit Präsident Xi und vielen anderen Regierungschefs beim G20-Gipfel", kündigte Trump an.
Zollentscheidung könnte am Gipfel hängen
Das Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping findet eigentlich am Rande des G20-Gipfels statt, steht aber jetzt schon im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Kann ein Handelskrieg zwischen den beiden wichtigsten Wirtschaftsmächten der Welt noch vermieden werden? Trump hat bereits angedroht, auf sämtliche Produkte aus China 25 Prozent Zoll zu erheben, sollte Chinas Präsident ihm in Osaka nicht stärker als bisher entgegenkommen. Seine Entscheidung falle kurz nach dem G20-Gipfel, erhöht Trump die Spannung.
Erste Gespräche vor dem G20-Gipfel in Japan
tagesschau 20:00 Uhr, 27.06.2019, Uwe Schwering, ARD Tokio
Seit Trump befänden sich die USA in einer "Phase der Hyper-Bilateralisierung", sagt Heather Conley von der Denkfabrik "Center for Strategic and International Studies" in Washington. Oder einfacher ausgedrückt: Trump macht lieber Deals mit einzelnen Regierungschefs als komplizierte Absprachen unter vielen Ländern zu treffen. "Die Trump-Regierung glaubt, sie habe in bilateralen Gesprächen maximale Durchsetzungskraft. Allmählich lernt sie aber, dass multilaterale Formate sehr effizient und nützlich für Amerika sein können, wenn wir sie nutzen", sagt Conley.
Dies könnte Trump in Osaka ausgerechnet beim aktuellen Krisenthema Iran erleben, meint Conley weiter. Denn nur mithilfe der EU, Russlands und Chinas sei eine Deeskalation des gefährlichen Konflikts mit dem Iran möglich. Dagegen werde die Strategie des maximalen Drucks den Iran nicht an den Verhandlungstisch zurückbringen, ist sich Conley sicher.
Risikofaktor Trump bei G20-Gipfel in Osaka
Martin Ganslmeier, ARD Washington zzt. Osaka
27.06.2019 10:48 Uhr
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