
Unruhen in den USA Protest am Tag, Eskalation in der Nacht
Stand: 01.06.2020 08:34 Uhr
Die USA kommen nicht zur Ruhe. Der Tod George Floyds hat Demonstrationen im ganzen Land ausgelöst. Während sie tagsüber meist friedlich verlaufen, kommt es in der Nacht regelmäßig zur Eskalation.
Von Marcus Schuler, ARD-Studio Los Angeles
Es sind die immer wieder gleichen Szenen, die sich in mehr als 70 Städten über die ganzen USA verteilt abspielen: Am Tage demonstrieren Zehntausende Menschen friedlich. Sie fordern eine Gleichbehandlung von Schwarzen. Am Abend eskaliert dann die Situation - trotz vieler Ausgangssperren.
So wie im Lafayette-Park in der US-Hauptstadt Washington. Mehrere hundert Demonstranten lieferten sich Scharmützel mit der Polizei. Das Weiße Haus ist nur wenige hundert Meter entfernt. Molotow-Cocktails fliegen, Toilettenhäuschen gehen in Flammen auf, dann schießt die Polizei Tränengas in die Menge.
Die "New York Times" berichtet, dass US-Präsident Trump, als es am Freitag vor dem Weißen Haus zum ersten Mal zu Demonstrationen kam, in einem unterirdischen Bunker in Sicherheit gebracht worden sei.
Ähnliche Szenen wie aus Washington werden in der Nacht auch aus New York, Philadelphia und Boston gemeldet. Immer wieder nutzen offenbar Unbeteiligte die Situation aus und plündern Geschäfte. An der US-Westküste kommt es vor allem in Oakland und im benachbarten San Francisco zu Verwüstungen und Plünderungen. Das Zentrum der Proteste ist aber Minneapolis, wo vergangene Woche George Floyd gestorben war, als ein Polizist ihm minutenlang sein Knie in den Nacken gedrückt hatte.
"Nicht über jeden Schritt nachdenken müssen"
Dieser schwarze Demonstrant in Minneapolis sagt, er wolle sich auch in einer weißen Nachbarschaft aufhalten können, ohne Angst haben zu müssen, "Ich möchte keine Schweißausbrüche bekommen, wenn hinter mir ein Polizeiauto fährt. Ich möchte frei sein und nicht über jeden Schritt, den ich mache, nachdenken zu müssen. Am Ende des Tages wird ein Schwarzer mit einem Kriminellen gleichgesetzt. Das verstehe ich nicht, weil wir alle Menschen sind. Das macht mich krank."
Ein weiterer Demonstrant meint: "Viele schwarze Menschen sind gestorben und sie haben keine Gerechtigkeit erfahren. Die Art und Weise, wie George Floyd ums Leben kam, bricht einem das Herz."
Wie konnte es so weit kommen?
Derweil überschlagen sich die US-Nachrichtensender mit Sondersendungen. Wie es so weit kommen konnte, ist die am häufigsten gestellte Frage. Antworten sucht man unter anderem bei Martin Luther King The Third, dem Sohn des 1968 ermordeten schwarzen Bürgerrechtlers.
Er sagt im TV-Sender CNN: Gewalt sei die Sprache der Unbeachteten. Die Menschen seien mehr als frustriert und vermutlich auch zurecht, so der Sohn des Bürgerrechtlers. Das Land brauche einen Systemwechel.
Berichte über mehr als 4000 Festnahmen
Ein Dominoeffekt sei in den USA in Gang gesetzt worden, meint Trevor Noah, der die tägliche TV-Satire-Sendung "The Daily Show" moderiert. Erst die Corona-Krise, dann 40 Millionen Arbeitslose: "Und all das wird dadurch verstärkt, dass die Führung dieses Landes keinen Plan hat. Niemand weiß, wie es weitergeht. Und für Schwarze in den USA bedeutet das, dass sie gegen das Corona-Virus und gegen Rassismus kämpfen müssen."
Proteste gegen Polizeigewalt in den USA dauern an
tagesschau 20:00 Uhr, 01.06.2020, Claudia Buckenmaier, ARD Washington
Mehrere Medien berichten, mehr als 4000 Menschen seien seit dem Ausbruch der Krawalle festgenommen worden. Aus Sorge vor weiteren Plünderungen sollen heute in vielen Großstädten Einkaufszentren geschlossen bleiben.
Anhaltende Proteste und Ausschreitungen in den USA
Marcus Schuler, ARD Los Angeles, zzt. San Francisco
01.06.2020 07:16 Uhr
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