
Reaktionen auf Trumps Nahost-Plan "Ohrfeige des Jahrhunderts"
Stand: 29.01.2020 07:16 Uhr
Die Palästinenserführung weist den Nahost-Plan von US-Präsident Trump wütend zurück. Israel hingegen fühlt sich bestätigt und zeigt sich entschlossen.
Benjamin Hammer, ARD-Studio Tel Aviv
Palästinenser im Süden des Gazastreifens zeigen, was sie von Trumps Plan halten - mit drastischen Mitteln. Ein Mann hält eine lebensgroße Pappfigur des US-Präsidenten in die Höhe. Ein anderer übergießt sie mit einer Flüssigkeit. Wenig später brennt die Pappfigur lichterloh. In mehreren Orten im Gazastreifen und im Westjordanland gingen die Menschen auf die Straße. Die Führung der Palästinenser hatte zuvor zu Tagen des Zorns aufgerufen.
Susanne Glass, ARD Tel Aviv, zu den Reaktionen auf Trumps Nahost-Plan
tagesschau24 12:00 Uhr, 29.01.2020
"Tausend Mal Nein"
Auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas lehnt den Plan aus Washington kategorisch ab: "Nach dem Unsinn, den wir gehört haben, sagen wir 'Nein', tausend Mal 'Nein' zum Deal des Jahrhunderts. Präsident Donald Trump und Israels Premier Benjamin Netanyahu haben über die Ohrfeige des Jahrhunderts gesprochen. Eine Ohrfeige, die wir mit Ohrfeigen beantworten werden."
Was Abbas damit meint, ließ er vorerst offen. Über den Plan aber will er noch nicht einmal verhandeln. Zu deutlich weicht der von dem ab, was die Palästinenser fordern: Einen eigenen Staat, dessen Grenzen sich an den Linien von 1967 orientieren. Mit Ostjerusalem als Hauptstadt.
"Zwei-Staaten-Lösung begraben"
Der palästinensische Diplomat Husam Zomlot war einst Botschafter in Washington. Dann wurde seine diplomatische Vertretung von der US-Regierung geschlossen. "Donald Trump hat die Aussicht auf eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung begraben" sagte Zomlot dem Sender CNN. "Der israelische Premierminister hat doch bereits Jerusalem, alle Siedlungen und das Jordantal in seiner Tasche. Allein das Jordantal umfasst ein Drittel des besetzten Westjordanlandes. Da stellt sich doch die Frage, ob irgendein israelischer Premierminister sich jemals wieder hinsetzen wird und eine Zwei-Staaten-Lösung verhandelt, die internationalen Beschlüssen entspricht."
Trumps Plan widerspricht in weiten Teilen den Beschlüssen der Vereinten Nationen und dem Völkerrecht. Demnach ist das Westjordanland von Israel besetzt.
Aufforderung, aktiv zu werden
Eine Sichtweise, die Israels Verteidigungsminister Naftali Bennet zurückweist. Er sagt nicht "Westjordanland", sondern "Judäa und Samaria" - die biblischen Namen. Und er interpretiert Trumps Worte als Aufforderung, aktiv zu werden: "Trump hat deutlich gemacht, dass sich die Entscheidungen in unseren Händen befinden. Er sagte uns, dass wir die Souveränität auf alle Siedlungen in Judäa und Samaria ausweiten sollen. Dieser Vorgang geht nun vom Weißen Haus zum Regierungssitz in Jerusalem über. Diese Gelegenheit darf nicht verpasst werden."
Palästinensischer Präsident Abbas lehnt Nahost-Plan kategorisch ab
tagesschau 12:00 Uhr, 29.01.2020, Susanne Glass, ARD Tel Aviv
Anfang März gibt es erneut eine Parlamentswahl in Israel. Der national-religiöse Politiker Bennet weiß, was seine potenziellen Wähler fordern. Auch Israels Premier Netanyahu gibt vor, rasch handeln zu wollen. Bereits am Sonntag soll sein Kabinett über eine Annektierung der Siedlungen sowie des Jordantals abstimmen.
"Keinen Zentimeter Erde an die Araber"
Ein Schritt, der zu großen Verwerfungen in der Region führen könnte. Jordanien drohte bereits mit einer Aufkündigung des Friedensvertrages mit Israel. Verteidigungsminister Bennet gibt sich recht kompromisslos. Und wiederspricht in einem Punkt dem Plan von Trump.
"Eines muss klar sein: Wir werden auf keinen Fall ermöglichen, dass Israel einen palästinensischen Staat anerkennen wird. Wir werden auch nicht zulassen, dass Israel auch nur einen Zentimeter der Erde an die Araber vergibt."
Worte, die bei besatzungskritischen israelischen Organisationen für Entsetzen sorgen dürften. Die israelische Menschenrechtsorganisation B‘Tselem warnte, Trumps Plan sorge nicht für Frieden. Sondern für Apartheid.
Trump-Plan: Reaktionen in Israel und Palästina
Benjamin Hammer, ARD Tel Aviv
29.01.2020 07:33 Uhr
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