
Thomas-Cook-Insolvenz Pleite trifft auch Zimmermädchen
Stand: 03.02.2020 04:32 Uhr
Die Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook hatte die Tourismusbranche 2019 hart getroffen. Die Auswirkungen sind noch heute spürbar: Auf Gran Canaria treffen sie vor allem die Zimmermädchen.
Von Oliver Neuroth, ARD-Studio Madrid, zurzeit Gran Canaria
Gut vier Monate ist es her, dass mit Thomas Cook Europas zweitgrößter Reisekonzern Insolvenz angemeldet hat. Es folgten unruhige Wochen für Zehntausende Urlauber und für die Tourismusbranche.
In Spanien war die Angst vor allem auf den Kanarischen Inseln groß, die jetzt im Winter ihre Hochsaison haben: Teneriffa und Co. leben vom Pauschaltourismus à la Thomas Cook.
Schwierigkeiten durch die Pleite haben bis heute vor allem Zimmermädchen.
Die Pleite war ein "Riesenschreck"
Marcia arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Zimmermädchen auf Gran Canaria. Sie hat schon so manche Krise im Tourismusbereich durchgemacht, doch die Thomas-Cook-Pleite habe alles in den Schatten gestellt, erzählt die 53-Jährige. Sie engagiert sich bei "Las Kellys", einer Interessengemeinschaft für Zimmermädchen. Die Nachricht der Pleite sei ein "Riesenschreck" gewesen, erinnert sie sich:
"Meine Tochter war in einem Hotel angestellt, das ausschließlich mit Thomas Cook zusammenarbeitete. Innerhalb von drei Tagen war das Haus komplett ohne Gäste. Ich versuchte, meine Tochter zu beruhigen und sagte ihr: 'Der Hotelier ist darauf vorbereitet'. Und so war es auch."
Es dauerte nur ein paar Tage, bis das Hotel Verträge mit anderen Reiseanbietern abgeschlossen hatte. Der Betrieb konnte weitergehen, Marcias Tochter weiter dort arbeiten.
Ein Anlass, ungeliebte Verträge zu lösen
Aber nur, weil sie noch jung ist, sagt Marcia. Etliche Hotels hätten das Ende von Thomas Cook dazu genutzt, um ältere Beschäftigte rauszuwerfen, sie betriebsbedingt zu kündigen. Vor allem die Mitarbeiter, die vergleichsweise gute Arbeitsverträge hatten. Als die Hotels dann mit anderen Anbietern wieder öffneten, stellten sie neue Zimmermädchen ein.
Die Hotels hätten vor allem jungen Mädchen Verträge gegeben, meist 20 bis 25-Jährigen, sagt Marcia weiter: "Zum Beispiel Frauen aus Afrika, die kein Spanisch sprechen. Nach dem Motto: Je weniger sie verstehen, umso besser. Die Hoteliers wollen Arbeitskräfte, die die Gesetze nicht lesen können und einfach das Geld brauchen."
Marcia sagt deshalb: Die Thomas-Cook-Pleite habe die Arbeitsverhältnisse für Zimmermädchen auf den Kanaren weiter verschlechtert.
Hoteliersverband lobt gute Arbeitsbedingungen
Das sieht Tom Smulders ganz anders. Er ist der Vizechef des Hoteliersverbandes FEHT. Nach seinen Worten haben Zimmermädchen auf Gran Canaria mit die besten Arbeitsbedingungen in ganz Spanien: "Unsere Angestellten haben anständige Arbeitsumstände. Sie verdienen das Dreifache von dem, was in anderen Ländern gezahlt wird. Hier gilt ein europäisches Niveau."
Durchschnittlich verdient ein Zimmermädchen auf den Kanaren etwa 1000 Euro im Monat, mehr als auf dem spanischen Festland.
Der Niederländer Smulders gibt zu, dass die Branche turbulente Wochen hinter sich hat. Doch die "Katastrophe", von der einige Medien im Zusammenhang mit dem Thomas-Cook-Ende geschrieben hätten, sei ausgeblieben. Auf Gran Canaria habe kein einziges Hotel dauerhaft schließen müssen.
Viele Zimmermädchen klagen
Der spanische Staat bot Unternehmen, die durch den Bankrott von Thomas Cook in finanzielle Schieflage geraten waren, Notkredite von insgesamt 200 Millionen Euro an. Hotels sollten damit auch die Gehälter ihrer Mitarbeiter weiter auszahlen können. Doch Marcia sagt, dass von dem Geld kaum etwas bei ihren Kolleginnen angekommen sei. Viele derjenigen, die durch die Thomas-Cook-Pleite den Job verloren hätten, gingen nun juristisch gegen ihre Entlassungen vor:
"In der Regel gewinnen Zimmermädchen solche Prozesse. Aber wir wollen vor allem, dass Hoteliers grundsätzlich nicht mehr so mit uns umgehen."
Marcia und ihre Kolleginnen der Vereinigung "Las Kellys" hoffen, dass das Ende von Thomas Cook vielleicht doch etwas Gutes hat: Dass ein Umdenken in der Branche einsetzt und ihr Job als Zimmermädchen mehr respektiert wird.
Thomas-Cook-Pleite: Schlechte Zeiten für Zimmermädchen auf den Kanaren
Oliver Neuroth, ARD Madrid
02.02.2020 20:28 Uhr
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