
Debatte um Truppenabzug SPD wirft US-Botschafter "Feldherrenpose" vor
Stand: 09.08.2019 23:40 Uhr
Nach den Drohungen der USA, einen Teil der Truppen aus Deutschland abzuziehen, kontert SPD-Politiker Schneider: Man lasse sich nicht erpressen. Im Bundestag gibt es aber auch Verständnis für die Verärgerung des US-Botschafters.
Im Konflikt um die aus US-Sicht zu niedrigen Verteidigungsausgaben Deutschlands hat SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider die Drohungen der USA scharf kritisiert. Diese Aussagen seien unter Verbündeten "völlig unangemessen". Dem "Spiegel" gegenüber betonte Schneider, Deutschland lasse sich nicht erpressen. Mit Blick auf die US-Botschafter in Deutschland und Polen sagte er: "Die Feldherrenpose nutzt sich ab."
Die beiden Diplomaten hatten zuvor eine Truppenverlegung von Deutschland nach Polen erwogen. Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, sagte der Deutschen Presse-Agentur, es sei "beleidigend zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden". Die US-Botschafterin in Polen, Georgette Mosbacher, schrieb, sie würde eine Verlegung der Truppen begrüßen.
Jan-Philipp Burgard, ARD Washington, zur Diskussion um möglichen US-Truppenabzug aus Deutschland
tagesschau 20:00 Uhr, 09.08.2019
Schneider sagte, Grenell sei offenbar nicht bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben erhöht hat. "Er missachtet zudem und offenbar bewusst den Beitrag, den die Bundeswehr und unsere Soldatinnen und Soldaten in gefährlichen Auslandseinsätzen leisten - oftmals in Ländern und Regionen, die auch durch die US-Politik der zurückliegenden Jahrzehnte destabilisiert wurden."
Bayern betont Freundschaft
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul äußerte hingegen Verständnis für die Verärgerung der USA. "Die US-Kritik ist bekannt und berechtigt. Deutschland hat sich gegenüber dem gesamten Bündnis zu deutlich höheren Verteidigungsanstrengungen verpflichtet." Den angedrohten Truppenabzug aus Deutschland sehe er aber kritisch. Stationierungsentscheidungen würden vor allem militärisch-strategischen Überlegungen folgen. "Danach ist es kaum sinnvoll, deutlich mehr US-Truppen weiter nach Osten zu verlegen."
Die bayerische Staatsregierung betonte demonstrativ die Freundschaft zu den USA. Ein Sprecher der Staatskanzlei sagte: "Die amerikanischen Soldaten leben gerne in Bayern und sind uns gute Freunde und Partner." Man vertraue auf geltende Zusagen der USA, "die ja sogar eine Aufstockung ins Auge fassen", wie der Sprecher ergänzte. Im bayerischen Grafenwöhr befindet sich einer der größten Übungsplätze der US-Streitkräfte. Es ist der viertgrößte Truppenübungsplatz Europas.
Linke fordert Abzug der US-Truppen
FDP und Grüne kritisierten den Umgang der USA mit Deutschland. "US-Außenpolitik reduziert sich unter Trump auf Drohungen und die Erwartung bedingungsloser Gefolgschaft statt Partnerschaft", sagte der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin. Der FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff sagte, es sei "kein guter Umgang miteinander, die Interessen von Alliierten gegeneinander auszuspielen".
Für die Partei Die Linke sind die Aussagen der USA weniger eine Drohung als vielmehr ein Angebot. Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", dass die Bundesregierung "dieses Angebot unbedingt annehmen und mit den USA einen Plan für den Truppenabzug besprechen" sollte. Der US-Botschafter habe Recht: "Die Steuerzahler in den USA sollten nicht für US-Truppen in Deutschland zahlen müssen."
Weiter forderte Bartsch die USA auf, auch ihre Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen. "Und natürlich nach Hause, nicht nach Polen, denn das wäre eine weitere dramatische Zuspitzung in den Beziehungen zu Russland, die nicht im europäischen und deutschen Interesse liegt."
In Deutschland stationierte US-Soldaten
tagesschau 17:00 Uhr, 09.08.2019, Wibke Harms, ard-aktuell
Trump weicht Frage nach Truppenabzug aus
US-Präsident Donald Trump selbst wich der Frage nach einem möglichen Teilabzug aus Deutschland heute aus. Auf die Frage nach einer Verlegung von Soldaten nach Polen sagte er lediglich, Polen sei ein enger Freund der Vereinigten Staaten. Zudem habe Warschau angeboten, auf eigene Kosten einen Stützpunkt für die US-Truppen zu bauen. "Sie haben angeboten, für unsere Truppen und vieles andere zu zahlen", sagte er. Das sei etwas anderes als die "dummen Abkommen" mit anderen Ländern, die die USA nur ausnutzten.
Trump hatte eine Verlegung der Truppen von Deutschland nach Polen bereits im Juni bei einem Besuch des polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Washington ins Spiel gebracht. Deutschland ist das Land, in dem die meisten US-Truppen in Europa stationiert sind: Insgesamt sind es 35.000 Soldaten. Hinzu kommen 17.000 amerikanische und 12.000 deutsche Zivilisten, die von den US-Truppen beschäftigt werden.
Bei den Verteidigungsausgaben liegt Deutschland mit angestrebten 1,36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im laufenden Jahr weit unter dem NATO-Ziel von zwei Prozent und wird dafür von Trump regelmäßig scharf kritisiert.
Grenell droht mit Verlegung von Truppen aus Deutschland nach Polen
Kai Clement, ARD Berlin
09.08.2019 16:10 Uhr
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