
US-Reaktionen auf Truppenabzug Wenig Beifall an der Heimatfront
Stand: 30.07.2020 08:12 Uhr
Mit dem Abzug von US-Truppen will Präsident Trump Deutschland dafür bestrafen, als NATO-Partner zu wenig fürs Militär auszugeben. Doch diese Strategie stößt sogar in seiner eigenen Partei auf Kritik.
Von Sebastian Hesse, ARD-Studio Washington
"Wir reduzieren die Truppenstärke, weil die ihre Rechnung nicht bezahlen", polterte Trump neben einem Hubschrauber, "so einfach ist das!" Das ist die Pose, in der sich der US-Präsident im Wahlkampf gefällt: Der starke Mann, der den Mumm hat, wenn nötig auch einen loyalen Weggefährten abzustrafen, wenn der nicht pariert. Deutschland sei säumig, die USA würde beim Handel und militärisch ausgenutzt, so Trump. Gemeint ist, dass die Bundesrepublik nach wie vor weit entfernt ist vom sogenannten Zwei-Prozent-Ziel.
Die NATO-Staaten hatten sich dazu verpflichtet, ihre Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern. Deutschland liegt aktuell mit 1,38 Prozent deutlich darunter. Die Bundesregierung hatte zuletzt erklärt, innerhalb der verbleibenden Frist allenfalls auf 1,5 Prozent zu kommen. Das ist weniger als die Hälfte der knapp dreieinhalb Prozent, bei denen die USA jetzt schon sind.
Deutschland soll als reiches Land mehr zahlen
Trumps Verteidigungsminister Mark Esper bemühte sich zwar am Mittwoch spürbar, rein strategische Erwägungen für die Truppenverlagerung anzuführen. Auf Nachfrage kritisierte er aber ebenfalls Deutschlands vergleichsweise niedrigen Wehretat. Deutschland sei das reichste Land Europas, Deutschland könne und solle mehr für seine Verteidigung ausgeben. Er forderte, Deutschland solle das Zwei-Prozent-Ziel der NATO nicht nur einhalten, sondern auch darüber hinaus gehen.
Auch diejenigen in den USA, die Trumps Abstrafen Deutschlands als Schwächung der NATO kritisieren, erwarten, dass die Bundesregierung ihrer Selbstverpflichtung fristgerecht nachkommt. Der republikanische Senator Mitt Romney aus Utah sagte, Deutschland sei bereits bei anderthalb Prozent und auf bestem Weg zu den versprochenen zwei Prozent. Der Abzug sei also eine sehr schlechte Idee. Außerdem nannte der notorische Trump-Kritiker die Abzugspläne einen "Schlag ins Gesicht eines Freundes".
Kritik kam erwartungsgemäß auch von der Opposition. So unterstellte der demokratische Senator Chris Murphy aus Connecticut dem Präsidenten, er hätte den Truppenabzug "nur so aus Spaß" angeordnet, um Deutschland zu brüskieren.
Truppenabzug soll in wenigen Wochen starten
Teile des Umstrukturierungspakets, darunter das Abziehen der US-Hauptquartiere für Europa und Afrika aus Stuttgart, sollen offenbar doch noch im Kongress und in der NATO diskutiert werden, wie Vertreidigungsminister Esper sagte. Ob zumindest Teile der Vorhaben noch zurückgenommen werden könnten, ist allerdings unklar. Viel Zeit bleibt nicht, denn Esper kündigte auch an, es werde bereits in wenigen Wochen losgehen.
Trump-Herausforderer Joe Biden hatte bereits vor drei Wochen angekündigt, er werde den Truppenabzug aus Deutschland erneut auf den Prüfstand stellen, sollte er im Herbst die Präsidentschaftswahl gewinnen.
Trumps Strafmaßnahmen wegen niedriger Militärausgaben stoßen auf Kritik
Sebastian Hesse, ARD Washington
30.07.2020 07:16 Uhr
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