
Nach Schüssen in Tram Terror oder Beziehungstat?
Stand: 18.03.2019 18:30 Uhr
Nach den tödlichen Schüssen in einer Straßenbahn in Utrecht fahndet die Polizei weiter nach einem 37-Jährigen aus der Türkei. Was hinter der Tat steckt, ist weiter unklar.
Bei einem Angriff in einer Straßenbahn in Utrecht sind drei Menschen getötet und fünf verletzt worden. Die Polizei fahndet nach dem Verdächtigen Gökmen Tanis, der in der Türkei geboren sein soll. Er ist wegen zahlreicher Delikte seit langem polizeibekannt, teilte der Staatsanwalt am Abend mit. Nach Informationen des niederländischen Fernsehens vernahm die Polizei den Bruder des 37-Jährigen, ohne dass zunächst Details bekannt wurden.
Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete unter Berufung auf nicht näher benannte Verwandte Tanis', dass er in der Straßenbahn auf eine Frau wegen einer Familienangelegenheit geschossen habe. Dann habe er das Feuer auf die Menschen eröffnet, die der Frau hätten helfen wollen. Eine Bestätigung der Behörden gibt es nicht.
Am Nachmittag gab es für die Bürger der Stadt, die zuvor aufgerufen waren, zuhause zu bleiben, eine erste Entwarnung. Sie könnten wieder auf die Straße gehen, teilte die Polizei mit.
Rutte sprach von Anschlag
Das Motiv des Täters bleibt weiter unklar. Zunächst hatte Utrechts Bürgermeister Jan van Zanen in einer Videobotschaft gesagt: "Wir gehen von einem terroristischen Motiv aus." Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sprach von einem "Anschlag". Am Nachmittag sagte dann Polizeisprecher Bernard Jens dem niederländischen NOS Rundfunk: "Es könnte auch sein, dass es eine Beziehungstat ist." Auch von Zeugen gab es unterschiedliche Hinweise zu der Tat.
Der Hauptverdächtige soll mit der Polizei in der Vergangenheit wegen zahlreicher Delikte in Konflikt geraten sein. NOS berichtete, der 37-Jährige habe ein langes Vorstrafenregister.
Die Polizei hat ein Foto des Mannes veröffentlicht. Wer den Gesuchten sehe, solle sich ihm nicht nähern, sondern die Polizei rufen. Offenbar wurde ein gesuchtes rotes Fahrzeug entdeckt. Nach Angaben der Polizei war das Auto vor dem Anschlag gestohlen worden.
Der mutmaßliche Schütze werde "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln" gesucht, hatte die Polizei zuvor mitgeteilt. Schwer bewaffnete Polizeikräfte umstellten einen Gebäudekomplex in der Nähe des Tatorts.
Gudrun Engel, ARD Brüssel, zzt. Utrecht, mit neuen Informationen
tagesschau 17:00 Uhr, 18.03.2019
Höchste Terrorwarnstufe in der Provinz Utrecht
Die Schüsse fielen laut Polizei zwischen 10:30 und 11 Uhr in einer Straßenbahn, die gerade über eine belebte Kreuzung in einem Wohnviertel im Westen der niederländischen Stadt fuhr. In der gesamten Provinz Utrecht gilt die höchste Terrorwarnstufe.
Polizeipräsenz auch in Den Haag und Amsterdam verstärkt
Auch im niederländischen Regierungszentrum in Den Haag wurde vor dem Parlament und dem Amtssitz des Ministerpräsidenten die Polizeipräsenz verstärkt. Die niederländische Militärpolizei verstärkte auch am nationalen Flughafen Schiphol und anderen öffentlichen Gebäuden die Sicherheitsmaßnahmen.
Utrecht ist etwa 75 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, die Bundespolizei kontrollierte Straßen und in Zügen an der deutschen Grenze. "Wir haben unsere Fahndungsmaßnahmen hochgefahren, nachdem wir informiert wurden", sagte ein Sprecher der Bundespolizei in Kleve. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen sucht nach dem Mann. Es gebe aber keine konkreten Hinweise, dass sich der Mann in dem Bundesland aufhalte, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.
König Willem-Alexander und Königin Máxima zeigten sich bestürzt. In einer Erklärung des Hofes hieß es: "Unser tiefes Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien." Das Königspaar rief die Niederländer auf, für eine freie Gesellschaft zusammenzustehen. In Gedanken seien sie bei den Bürgern von Utrecht.
Mit Informationen von Gudrun Engel, ARD-Studio Brüssel, zzt. Utrecht
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