
Analyse vor der Wahl Hamburger zufrieden - wer profitiert?
Stand: 23.02.2020 04:47 Uhr
SPD und Grüne bekommen von den Hamburgern gute Noten, das zeigt ein Blick auf Vorwahlumfragen von infratest dimap. Welcher der beiden Regierungspartner könnte bei der Wahl davon mehr profitieren?
Von Holger Schwesinger, tagesschau.de
Ganz überwiegend zufrieden - so lässt sich die Stimmung der Wahlberechtigten in Hamburg auf den Punkt bringen. 86 Prozent sagen, die wirtschaftliche Lage in Hamburg sei sehr gut oder gut, 67 Prozent sind sehr zufrieden oder zufrieden mit der Arbeit der bisherigen Senats - wie Landesregierung in Hamburg heißt. Das sind beides sehr gute Werte - gerade auch im Vergleich zum Bund oder zu anderen Bundesländern.
Können sich SPD und Grüne, die bisher in Hamburg regieren, also am Wahltag völlig entspannt zurücklehnen? Zwar besteht laut allen Umfragen kein Zweifel, dass beide zusammen auch künftig eine klare Mehrheit haben werden. Doch die Frage, wie das Kräfteverhältnis zwischen den beiden Partnern aussehen wird, dürfte spannend werden.
Mehr Wohnungsbau als in anderen Städten
Schaut man sich die Umfragen genauer an, die infratest dimap im Auftrag der ARD in den Tagen vor der Wahl gemacht hat, gibt es einige Punkte, die auffallen. Das sind zunächst einmal die beiden Themen, die im Wahlkampf eine besonders große eine Rolle gespielt haben: Verkehr und Wohnen.
Gerade beim Thema Wohnen bekommt der rot-grüne Senat gute Noten. Immerhin 38 Prozent der Befragten sagen, die Hamburger Politik sei hier besser gewesen, als die anderer deutscher Großstädte. Interessantes Detail dabei: Besonders groß ist die Zustimmung hier bei Anhängern von SPD und CDU. Die Anhänger der zweiten Regierungspartei, der Grünen, sehen das hingegen deutlich kritischer.
Jan Liebold, NDR, mit Informationen zur Bürgerschaftswahl in Hamburg
tagesschau24 11:00 Uhr, 23.02.2020
Kurskorrektur der SPD in der Verkehrspolitik
Nicht so gut sieht die Bewertung der Verkehrspolitik aus. Hier sagen nur 22 Prozent der Befragten: Hamburg hat es besser gemacht als andere Großstädte.
Konsens gibt es hier zwischen allen Parteien, dass U- und S-Bahnen ausgebaut werden sollen. Kontrovers diskutiert wurden im Wahlkampf hingegen vor allem drei Projekte: Die Beschränkung des Autoverkehrs in der Innenstadt, der Bau von Radwegen zulasten von Auto-Fahrspuren und die Wiedereinführung der Straßenbahn, die Hamburg in den 1970er-Jahren abgeschafft hatte.
Die SPD hat ihren Kurs im Verlauf des Wahlkampfs hier teilweise korrigiert - vermutlich in der Hoffnung, so ihrem Hauptkonkurrenten, den Grünen noch Wähler abjagen zu können. Lange Zeit verfolgte die SPD eine vergleichsweise autofreundliche Politik, kurz vor der Wahl präsentierte sie dann aber plötzlich Pläne für eine weitreichende Verkehrsberuhigung in der Innenstadt - eine Forderung, die die Grünen schon lange haben.
Von den drei diskutierten Maßnahmen ist das auch diejenige, die bei den Hamburgern am besten ankommt: 61 Prozent alle Befragten sagen, eine Beschränkung des Autoverkehrs im Zentrum gehe in die richtige Richtung. Und auch bei den SPD-Anhängern ist die Zustimmung ähnlich hoch.
Gute Noten für Fegebank - bessere für Tschentscher
Klar zeichnete sich auch schon im Wahlkampf ab, dass diese Wahl viel mit zwei Personen zu tun haben wird: dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher von der SPD und der Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank. Sie ist bisher Zweite Bürgermeisterin, will aber die Erste werden. Ein Ziel, das zwischenzeitlich in Umfragen erreichbar schien, zuletzt aber wieder unwahrscheinlich geworden ist.
Beide bekommen von den Wählen gute Note. Allerdings sind die für Tschentscher noch deutlich besser als die für Fegebank: 67 Prozent der Hamburger sind mit seiner Arbeit sehr zufrieden oder zufrieden, bei Fegebank sind es 50 Prozent.
Fegebank mobilisiert nur im eigenen Lager
Der zweite - und womöglich entscheidende - Vorteil für Tschentscher: Er bekommt aus mehreren politischen Lagern gute Noten: Auch rund 70 Prozent der Anhänger von CDU, FDP oder Grünen sagen, Tschentscher ist ein guter Erster Bürgermeister. Die Grünen-Politikerin Fegebank mobilisiert hingegen praktisch nur im eigenen Lager und bei Anhängern der Linken. SPD- oder CDU-Anhänger können sie sich mehrheitlich nicht als gute Regierungschefin vorstellen.
Für die Spitzenkandidaten der anderen vier in der Bürgerschaft vertretenen Parteien war es angesichts dieses rot-grünen Duells eher schwer, sich im Wahlkampf zu profilieren. Am besten gelang das noch der Linken-Politikerin Cansu Özdemir: Sie kommt auf eine Zustimmung von 34 Prozent. Mit der Arbeit von Marcus Weinberg von der CDU sind nur 23 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden. Abgeschlagen mit 15 bzw. elf Prozent sind Anna von Treuenfels von der FDP und Dirk Nockemann von der AfD.
Einfluss von Thüringen schwer abzuschätzen
Und wie sieht es mit dem bundespolitischen Einfluss aus? Wie schon bei den vorangegangenen Landtagswahlen gibt es für Grüne und AfD derzeit Rückenwind aus Berlin, für die GroKo-Parteien CDU und SPD Gegenwind. In einem Stadtstaat wie Hamburg sind Landtagswahlen aber in der Regel stärker von lokalen und weniger von bundespolitischen Themen geprägt als in Flächenländern.
Und schwer abzuschätzen ist, ob und wie sich das politische Beben, das durch die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen ausgelöst wurde, auf die Wahl in Hamburg auswirken wird.
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