
Studie zur Kinderarmut Ein Gehalt reicht nicht
Stand: 27.06.2018 11:58 Uhr
Es betrifft Alleinerziehende genau wie Paarfamilien: Wenn die Mutter nicht arbeitet, leiden die Kinder häufig unter Armut. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, dass ein Gehalt oft nicht ausreicht.
Das Armutsrisiko von Kindern wird einer Studie zufolge maßgeblich davon bestimmt, ob ihre Mütter arbeiten. Das gelte für Alleinerziehende ebenso wie für Paarfamilien mit einem zweiten Verdiener, erklärte die Bertelsmann-Stiftung unter Berufung auf eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Kinder von alleinerziehenden Frauen sind besonders oft von Armut bedroht, wenn ihre Mütter über einen längeren Zeitraum ohne Vollzeitjob bleiben. Eine Armutserfahrung werde dann verhindert, wenn eine alleinerziehende Mutter mehr als 30 Wochenstunden arbeitet. Fehlt der Job, wachsen 96 Prozent der Kinder in einer dauerhaften oder wiederkehrenden Armutslage auf.
Studie zu Kinderarmut
27.06.2018
Wenn die Mütter arbeiten, sind alle finanziell abgesichert
Auch in Paarfamilien steigt das Armutsrisiko für Kinder der Studie zufolge deutlich, wenn Mütter ihre Arbeit verlieren oder aufgeben. Sind diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht erwerbstätig, erleben 32 Prozent dauerhaft oder wiederkehrend Armutslagen, 30 Prozent kurzzeitig. Arbeiten ihre Mütter in Voll- oder Teilzeit oder haben einen Minijob, sind nahezu alle finanziell abgesichert.
Stiftung macht sich für Teilhabegeld stark
"Kinderarmut hängt maßgeblich an der Erwerbstätigkeit von Frauen", erklärte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. "Müttern muss es erleichtert werden, arbeiten zu gehen." Zugleich müsse das Unterstützungs- und Hilfesystem für Kinder es auffangen können, wenn die Mütter wegen der Familiensituation nicht erwerbstätig sein könnten. Kinder bräuchten auch "gemeinsame Zeit und Betreuung".
Die Stiftung macht sich unter anderem dafür stark, alle staatlichen Leistungen für Kinder in einem sogenannte Teilhabegeld zu bündeln und dieses in der Höhe stärker auf die Einkommenssituation der Eltern auszurichten. Wohlhabendere Familien sollten dann weniger bekommen, während ärmere besonders profitieren.
Laut verwendeter Definition liegt eine Armutslage vor, wenn eine Familie mit weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens auskommen muss oder Hartz IV bezieht. Solche Armuts- und Armutsrisikodefinitionen sind nicht unumstritten, es gibt auch andere Konzepte. Die Stiftung verteidigte sie aber. "Armut bedeutet in Deutschland in der Regel nicht, obdachlos oder hungrig zu sein", betonte sie. Sie äußere sich aber "in materiellen Entbehrungen" und vor allem "Einschränkungen in der sozialen und kulturellen Teilhabe". Arme Kinder seien deutlich benachteiligt.