
Marode Brücken in NRW Bevorzugt Scheuer Bayern bei Sanierungen?
Stand: 28.02.2020 15:51 Uhr
CSU-Verkehrsminister Scheuer lasse mehr Geld in sein Herkunftsland Bayern fließen. So lautet der Vorwurf von Grünen-Fraktionsvize Krischer. Er rechnet vor, warum es in NRW dringlicher wäre, Bahnbrücken zu sanieren.
Von Kai Clement, ARD-Hauptstadtstudio
Gleich zweimal wollten die Grünen zuletzt Auskunft vom Verkehrsminister. Die erste sogenannte Kleine Anfrage lautet "Investitionen der Deutschen Bahn". Die zweite: "Marode Eisenbahnbrücken in NRW". Die Antworten darauf liegen dem ARD-Hauptstadtstudio vor.
"Man hat also sehr stark den Eindruck", sagt der stellvertretender Fraktionsvorsitzende der Grünen, Oliver Krischer, "dass auf der einen Seite zu wenig gemacht wird, viel zu wenig gemacht wird, und auf der anderen Seite das Wenige dann noch Richtung Bayern geschoben wird - da wo die CSU-Verkehrsminister in den letzten Jahren herkamen." Krischer sitzt für seine Partei im Verkehrs- und Wirtschaftsausschuss des Bundestages.
Grünen-Politiker fordert Priorität für Brücken in NRW
"Während in Bayern ein Drittel der Brücken sanierungsbedürftig sind, sind es in NRW fast die Hälfte", sagt Krischer. "In NRW ist der Zustand einfach schlechter, das heißt, die Priorität müsste NRW sein."
Müsste, ist es aber nicht. Zumindest nach Seite 3, Frage 6 der Kleinen Anfrage zu Bahninvestitionen. Dort findet sich eine Tabelle, die modernisierte und sanierte Bahnbrücken listet - aufgeschlüsselt nach Ländern für den Zeitraum 2014 bis 2019. In Bayern waren es demnach 243 Brücken, die repariert wurden, in Nordrhein-Westfalen dagegen nur 100.
Zum Vergleich ist auch wichtig, dass die Zahl der Brücken insgesamt in den beiden Bundesländern ziemlich dicht beieinander liegt: Knapp 4400 sind es in NRW, rund 4700 in Bayern.
Verkehrsministerium verweist auf DB Netz
Das Bundesverkehrsministerium, das wegen der Affäre um die Pkw-Maut ohnehin unter Druck steht, will sich auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios mündlich nicht äußern, erklärt aber schriftlich:
"Die Bundesmittel für Investitionen in die Schienenwege werden bedarfsgerecht bereitgestellt, also dort wo sie den größten verkehrlichen Nutzen entwickeln. (…) Die Ermittlung des Mittelbedarfs für notwendige Ersatzinvestitionen für das Schienennetz der Eisenbahnen des Bundes erfolgt nach einheitlichen Vorgaben."
Zu der Diskrepanz bei den Bahnbrücken keine Antwort - nur so viel: Die Sanierungsentscheidungen treffe allein "die DB Netz im Rahmen ihrer Instandhaltungsplanung". Die ist als Tochter der Bahn verantwortlich für das Schienennetz.
Krischer: Relevante Projekte nur mit Genehmigung aus Berlin
Grünen-Politiker Krischer will diese Antwort nicht gelten lassen. "Das hören wir immer wieder, dass das Verkehrsministerium das auf die Deutsche Bahn schiebt. Diese Behauptung ist - ehrlich gesagt - lächerlich." Die Deutsche Bahn mache nichts an relevanten Infrastrukturprojekten, was nicht vom Bundesverkehrsministerium und von der Bundesregierung abgesegnet sei, so der Verkehrspolitiker. "Das sind am Ende Schutzbehauptungen."
Die Bahn - ihrerseits ein bundeseigenes Unternehmen - antwortet ebenfalls schriftlich und allgemein, ohne auf die Frage nach dem Sanierungsstand bei den Brücken einzugehen:
"Die Investitionen in Schienen, Weichen, Brücken, Bahnhöfe in Erhalt und Erneuerung werden nicht nach Bundesland, sondern nach Zustand getätigt, um den Netzzustand insgesamt zu verbessern."
"Züge müssen langsamer fahren"
Das aber sei anhand der Zahlenlage schlicht nicht nachvollziehbar, sagt Krischer. Neben der politischen Frage gehe es zudem noch um eine ganz praktische, für die Bahnkunden in NRW nämlich: "Es gibt dann Verkehrsbeschränkungen. Züge müssen langsamer fahren. Das ist das, was die Pendlerinnen und Pendler jeden Tag erleben. Das alles hat auch - nicht nur, aber auch - mit maroden Brücken zu tun."
Grüne kritisieren Bahnbrücken-Investitionen: bevorzugt Verkehrsminister Bayern?
Kai Clement, ARD Berlin
28.02.2020 07:39 Uhr
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