
Kleine Parteien bei der Wahl Visionen der "Sonstigen"
Stand: 28.08.2017 16:45 Uhr
Bierpreisbremse, Reisepflicht und Veröffentlichung der Geheimdokumente über außerirdisches Leben: Auch mit solchen Ideen werben kleinere Parteien bei der Bundestagswahl um Stimmen. tagesschau.de stellt sie und ihre wichtigsten Forderungen vor.
Von Sandra Stalinski, tagesschau.de
42 Parteien treten am 24. September zur Bundestagswahl an - 34 mit Landeslisten und acht ausschließlich mit Direktkandidaten in einzelnen Wahlkreisen. Die allermeisten von ihnen haben keine realistische Chance, ins Parlament einzuziehen. Die Kleinparteien werden von den Demoskopen am Wahlabend schlicht als "Sonstige" zusammengefasst - sie erhielten bei den vergangenen Bundestagswahlen aber zusammen jeweils mehr als zwei Millionen Zweitstimmen.
Immer wieder gründen sich neue Parteien mit großen Hoffnungen und Ambitionen - und auch Kleinparteien mit langer Geschichte verfolgen mit großem Enthusiasmus ihre politischen Ideen. Denn auch als außerparlamentarische Opposition können kleine Parteien die Politik beeinflussen. Bestes Beispiel sind die Piraten: Nachdem sie mit ihrem Thema Netzpolitik tausende Wähler für sich gewinnen konnten, nahmen auch die etablierten Parteien dieses Thema in ihre Programme auf. Inzwischen gibt es sogar einen Ausschuss "Digitale Agenda" im Bundestag.
2000 Unterschriften notwendig
Doch schon um bei Wahlen antreten zu können, müssen kleine Parteien mehrere Hürden nehmen. Der erste Schritt ist die grundsätzliche Zulassung in Form der Anerkennung als Partei durch den Bundeswahlausschuss. Bis zu 2000 Unterschriften (je nach Größe des Bundeslandes) muss eine "nicht etablierte" Partei danach sammeln, um mit einer Landesliste in einem Bundesland antreten zu können. Will eine Partei einen Direktkandidaten in einem Wahlkreis stellen, muss dieser 200 Unterstützerunterschriften vorlegen - so steht es im Bundeswahlgesetz.
Um in den Bundestag einzuziehen, sind dann fünf Prozent der Zweitstimmen notwendig. Wenn eine Partei mindestens drei Direktmandate gewinnt, kommt sie ebenfalls in den Bundestag und kann damit die Fünf-Prozent-Hürde umgehen. Als kleine Partei über Direktmandate in den Bundestag einzuziehen, gilt aber generell als unwahrscheinlich, denn dafür ist eine einfache Mehrheit im Wahlkreis notwendig - und die gewinnen meist nur die großen Parteien.
Anrecht auf Parteienfinanzierung
Doch selbst wenn sie es nicht in den Bundestag schafft, lohnt sich für manche kleine Partei die Teilnahme an der Wahl schon finanziell. Denn wenn sie mindestens 0,5 Prozent der Stimmen erlangen, haben sie Anrecht auf die staatliche Teilfinanzierung für Parteien. Für jede gültige Stimme, die auf sie entfällt, erhalten sie dann einen Euro.
tagesschau.de stellt alle kleinen Parteien mit ihren Programmschwerpunkten vor, die bei der Bundestagswahl in mindestens einem Bundesland mit einer Landesliste wählbar sind. Links zu den Programmen der Parteien, die ausschließlich in einigen Wahlkreisen mit Direktkandidaten antreten, sind hier zu finden.
Kapitelübersicht
Piratenpartei Deutschland (PIRATEN)
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)
FREIE WÄHLER (FREIE WÄHLER)
PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ (Tierschutzpartei)
Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI)
Bayernpartei (BP)
Ab jetzt…Demokratie durch Volksabstimmung; Politik für die Menschen (Volksabstimmung)
Partei der Vernunft (PDV)
Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)
Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Sozialistische Gleichheitspartei, Vierte Internationale (SGP)
DIE RECHTE (DIE RECHTE)
Allianz Deutscher Demokraten (keine Kurzbezeichnung)
Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz (Tierschutzallianz)
bergpartei, die überpartei; ökoanarchistisch-realdadaistisches sammelbecken (B*)
Bündnis Grundeinkommen; Die Grundeinkommenspartei (BGE)
DEMOKRATIE IN BEWEGUNG (DiB)
Deutsche Kommunistische Partei (DKP)
Deutsche Mitte; Politik geht anders… (DM)
2013 hat der heutige Bundesvorsitzende Christoph Hörstel die "Deutsche Mitte" gegründet. Nach eigener Aussage steht sie für "ethische Politik im Sinne der Bewahrung der Schöpfung: mit Herz, Augenmaß und Vernunft".
Die Partei kann als Israel-kritisch bezeichnet werden. In ihrem außenpolitischen Programm heißt es: "Eine deutsche Staatsräson für die Sicherheit Israels lehnen wir ab" - vielmehr setzt sich die Partei für eine "Ein-Staaten-Lösung" in "Palästina" mit vollem Rückkehrrecht für alle Palästinenser ein. Außerdem finden sich im Programm restriktive Forderungen zur Einwanderungspolitik. So wird für ein "neues Ausländergesetz mit niedrigen Obergrenzen" geworben. "Massenzuwanderung" soll an den Außengrenzen unterbunden werden durch "Friedenspolitik sowie durch politische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe in Ursprungs- und Erstaufnahmeländern". Migranten ohne Integrationsbereitschaft sollen zurückgewiesen, "rechtmäßige Einwanderer" hingegen besser behandelt und integriert werden.
Außerdem will die DM den Austritt Deutschlands aus der Euro-Gruppe, Steuern sollen vereinfacht und "auf lange Sicht zum Großteil abgeschafft" werden, "Geheimdokumente, etwa über Spionage, neue Technologien und außerirdisches Leben" sollen offengelegt werden. Gewählt werden kann die DM bundesweit, außer in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern.
Hinweis: Die Partei "Deutsche Mitte" forderte als Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit der ARD-Sendung "Die kleinen Parteien", den Beitrag über die Partei vor der Ausstrahlung zu sehen und zu genehmigen. Diese Bedingung lehnten die Autoren der Sendung ab, daher liegt zu dieser Partei kein Video vor.