
Historischer Beschluss Bundeswehr bekommt Militärrabbiner
Stand: 28.05.2020 21:17 Uhr
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte bekommt die Bundeswehr jüdische Militärseelsorger. Der Bundestag fasste einen entsprechenden Beschluss - einstimmig. Die ersten Militärrabbiner sollen noch in diesem Jahr ihre Arbeit aufnehmen.
Der Weg für jüdische Militärseelsorger bei der Bundeswehr ist frei. Der Bundestag billigte am Donnerstagabend einstimmig einen entsprechenden Staatsvertrag, den Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bereits im vergangenen Dezember unterzeichnet hatten.
Jüdische Militärseelsorge in der Bundeswehr
tagesschau 20:00 Uhr, 28.05.2020, Stephan Stuchlik, ARD Berlin
Zeichen gegen Antisemitismus
Damit können sich jüdische Bundeswehrsoldaten voraussichtlich noch in diesem Jahr an einen Militärrabbiner wenden. Bislang gab es nur eine evangelische und eine katholische Seelsorge. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland begrüßte den Parlamentsbeschluss. "Gerade in dieser Zeit ist das ein wichtiges Zeichen, in der Antisemitismus, rechtsextremer Hass und Verschwörungstheorien wieder einen Nährboden finden", teilte der Vorstand mit.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Linken hob die historische Dimension der Entscheidung hervor. Der Kirchenbeauftragte der Unionsfraktion, Hermann Gröhe (CDU), sprach von einem bewegenden Moment und betonte: "Militärrabbiner sind für die Bundeswehr ein großes Geschenk." Die stellvertretende AfD-Fraktionschefin Beatrix von Storch ergänzte, 75 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes sei es keine Selbstverständlichkeit, dass jüdische Soldaten dazu bereit seien, Deutschland mit der Waffe zu verteidigen.
Auch muslimische Militärseelsorger geplant
Der Vertrag sieht zunächst zehn Militärrabbiner vor. Bei Bedarf kann die Zahl aufgestockt werden. Evangelische Militärpfarrer sind derzeit gut 100 im Einsatz. Die Zahl katholischer Militärgeistlicher liegt bei rund 80. Militärseelsorger begleiten Soldaten im In- und Ausland und wirken am sogenannten lebenskundlichen Unterricht mit.
Schätzungen gehen davon aus, dass es rund 94 000 Christen und etwa 300 Juden in der Bundeswehr gibt. Die Zahl der Muslime in der Truppe wird auf 3000 geschätzt. Die Gespräche über eine islamische Seelsorge gestalten sich wegen der unterschiedlichen Organisationsformen der Glaubensverbände allerdings schwierig.
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