
Kriminalstatistik 40 Kinder pro Tag erleben sexuelle Gewalt
Stand: 06.06.2019 16:30 Uhr
Dutzende Kinder werden jeden Tag Opfer von Gewalt und Missbrauch - bei einer hohen Dunkelziffer. Für eine bessere Prävention und konsequente Verfolgung fehlten jedoch die Mittel, sagen Experten.
Von Lina Beling, ARD-Hauptstadtstudio
136 Kinder sind im letzten Jahr getötet worden, mehr als 4100 wurden misshandelt. Und fast 15.000 Kindern ist sexuelle Gewalt widerfahren - im Schnitt sind das 40 Kinder jeden Tag. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik zu kindlichen Gewaltopfern hervor.
Die meisten Straftaten gegen Kinder passieren in der Mitte der Gesellschaft, erklärt Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes. Die Aufklärungsquote bei sexueller Gewalt sei mit 80 Prozent zwar relativ hoch, doch: "Das sind natürlich Daten aus dem polizeilichen Hellfeld. Die Statistik kann nur das abbilden, was der Polizei bekannt wird. Und wir müssen davon ausgehen, auch laut Expertenschätzungen, dass viele Taten unentdeckt bleiben." Die Täter kommen oft aus dem persönlichen Umfeld der Kinder. Das macht es den Opfern umso schwerer, diese anzuzeigen.
Nicht genug Mittel für Präventionsarbeit
Umso wichtiger sind soziale Einrichtungen. Diesen aber fehlt Geld und Personal, kritisiert Pädagogik-Professorin Kathinka Beckmann. Zentrale Akteure seien die Jugendämter, aber: "Die sind häufig personell und finanziell nicht gut ausgestattet und da muss man ganz klar sagen: Wie kann das sein, dass der Bund dem Kita-Ausbau Milliarden zur Verfügung stellt - was ich natürlich begrüße - aber entsprechendes nicht für die Jugendämter gelingt?"
Bundesländer sollen mehr in die Pflicht genommen werden
Johannes-Wilhelm Rörig, Missbrauchsbeauftragter der Bundesregierung, sieht auch die Landesregierungen in der Pflicht. Jedes Bundesland sollte Kinderschutz auf die Agenda setzen. "Richten Sie Landesmissbrauchsbeamte ein", fordert er. "Vereinbaren Sie danach verbindlich, konkrete Maßnahmen zu Prävention und Intervention - mit Zeitplan, mit Preisschild, soll heißen, einem Finanzierungskonzept. Und möglichst auch einer Zusage eines hoffentlich kinderschutzfreundlichen Finanzministers."
Ermittler fordern mehr Kompetenzen
Die Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Minderjährige müsse konsequenter angegangen werden - auch im Internet. Deswegen fordert Rörig eine EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung. Dafür sprach sich auch BKA-Chef Münch aus. Der Besitz von kinderpornografischem Material, deren Herstellung und Verbreitung sind im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent auf knapp 7500 Fälle gestiegen. Münch betonte, vielen Hinweisen aus der USA habe die Polizei in Deutschland nicht nachgehen können, weil etwa die IP-Adresse nicht mehr gespeichert gewesen sei.
Zu viele Kinder erleben Gewalt
Lina Beling, ARD Berlin
06.06.2019 15:42 Uhr
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