
Häusliche Pflege Kampf dem "Leistungsdschungel"
Stand: 12.02.2020 12:51 Uhr
Hilfsangebote für die häusliche Pflege sollen leichter zu beantragen und übersichtlicher werden. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung hat konkrete Ideen - auch zur Entlastung pflegender Angehöriger.
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, will den Zugang zu Hilfen für Pflegebedürftige erleichtern, die zu Hause betreut werden. Das bisherige "Leistungswirrwarr" solle durch zwei flexible Budgets ersetzt werden, heißt es in einem Reformkonzept, das er in Berlin vorstellte.
Zwei Budgets geplant
Für die häusliche Pflege sollen demnach künftig zwei Budgets zur Verfügung stehen: das Pflege- und das Entlastungsbudget. Ein monatliches Pflegebudget soll vom Pflegegrad abhängig sein und kann für Leistungen von ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten sowie für Pflegehilfsmittel aufgewendet werden. Wird das Budget für den Pflegebedürftigen nicht ausgeschöpft, wird es zu 50 Prozent ausbezahlt und steht frei zur Verfügung.
Das Entlastungsbudget soll sich speziell an die pflegenden Angehörigen richten. Es soll die Pflege dann sichern, wenn Angehörige einmal nicht da sind. Dadurch sollen diese Pflege und Beruf auch besser vereinbaren können. Die Höhe hängt ebenfalls vom Pflegegrad ab und steht vierteljährlich zur Verfügung.
Viele Leistungen werden nicht genutzt
Immer mehr Pflegebedürftige, die zu Hause leben, fühlten sich im bestehenden Leistungssystem der Pflegeversicherung nicht gut versorgt, heißt es in dem Konzept von Westerfellhaus. Zwar decke die Pflegeversicherung grundsätzlich viele Bedürfnisse ab. "Aber den Menschen fehlt oft das Wissen, welche Leistungen es überhaupt gibt." Insbesondere Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger würden deshalb oftmals nicht abgerufen. Gerade die Angehörigen leisteten viel und seien immer häufiger überfordert. Im schlimmsten Fall würden sie selbst krank und könnten die häusliche Pflege nicht mehr übernehmen. Das dürfe nicht so bleiben, betonte Westerfellhaus.
In Deutschland werden rund drei Millionen Menschen zu Hause gepflegt. Zahlreichen Studien zufolge leiden die Angehörigen unter den hohen Belastungen. Viele wünschen sich dringend weniger Bürokratie, feste Ansprechpartner und mehr Aufklärung über Leistungen, die ihnen zustehen. Viele kennen die Möglichkeiten nicht oder können sie nicht nutzen, weil ein passender Antrag fehlt.
Hilfsangebote für häusliche Pflege im Überblick:
- Pflegesachleistungen
Wer zu Hause von einem ambulanten Pflegedienst bei mindestens Pflegegrad zwei gepflegt wird, hat Anspruch auf Pflegesachleistungen. Das sind beispielsweise grundpflegerische Tätigkeiten wie Hilfe bei der Körperpflege oder der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die Höhe richtet sich nach dem vorhandenen Pflegegrad. Wer die Pflegesachleistungen nicht aufbraucht, kann bis zu 40 Prozent davon für Angebote zur Unterstützung im Alltag nutzen.
- Pflegegeld
Wird die Pflege zu Hause selbst sichergestellt, beispielsweise durch Angehörige oder eine 24-Stunden-Pflege, steht Bedürftigen ab Pflegegrad zwei ein Pflegegeld zu. Die Höhe richtet sich auch hier nach dem vorhandenen Pflegegrad. Dieses wird direkt an den zu Pflegenden überwiesen, der das Geld meist als finanzielle Anerkennung an die Pflegeperson weitergibt. Empfänger von Pflegegeld sind verpflichtet, sich regelmäßig von einem Pflegeberater persönlich beraten zu lassen.
- Betreuungs- und Entlastungsleistungen
Für Leistungen wie Arztbesuche oder Einkaufen stehen Pflegebedürftigen pro Monat 125 Euro zu. Diese werden erst gewährt, wenn tatsächlich Leistungen in Anspruch genommen wurden.
- Verhinderungspflege
Bei einem Ausfall der Pflegeperson können Pflegebedürftige einen Antrag auf Verhinderungspflege stellen. Voraussetzungen dafür: Der zu Pflegende muss seit mindestens sechs Monaten zu Hause gepflegt werden und Pflegegrad zwei oder höher besitzen. Verhinderungspflege kann maximal sechs Wochen beziehungsweise bis zu einem Kostenaufwand von 1612 Euro pro Jahr in Anspruch genommen werden. Diese Leistungen können mit der Kurzzeitpflege kombiniert werden, wenn diese nicht vollständig genutzt wurde.
- Kurzzeitpflege
In manchen Situationen ist es zeitweise nicht möglich, die Pflege zu Hause durchzuführen. In diesem Fall haben Pflegebedürftige ab Pflegegrad zwei Anspruch auf eine vollstationäre Kurzzeitpflege. Diese darf eine Dauer von 56 Tagen pro Jahr nicht überschreiten und wird mit maximal 1612 Euro bezuschusst. Wer die 56 Tage nicht vollständig nutzt, kann die restliche Zeit auf die Verhinderungspflege umlagern.
- Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
Damit es mit dem Treppensteigen und Duschen auch bei abnehmender Mobilität noch klappt, stehen Pflegebedürftigen einmalig bis zu 4000 Euro für die Wohnumfeldverbesserung (zum Beispiel Einbau eines Treppenlifts oder barrierefreier Badumbau) zu. Wer einen höheren Pflegegrad erhält, hat erneut Anspruch auf bis zu 4000 Euro. Leben bis zu vier Pflegebedürftige unter einem Dach, erhält jeder Bewohner mit Pflegegrad diesen Zuschuss.
- Hilfsmittel auf Rezept
Bei einigen Hilfsmitteln besteht die Möglichkeit, diese vom Arzt per Rezept verordnen und von der Krankenkasse finanzieren zu lassen. Das gilt beispielsweise für E-Rollstühle und Badewannenlifter.
- Hausnotruf
Wenn der zu Pflegende oft allein zu Hause ist, steigt auch das Unfallrisiko. Deswegen wird auch ein Hausnotruf in der Basisvariante finanziert. Die Pflegekasse zahlt für die Einrichtung des Systems einmalig 10,49 Euro und monatlich 23 Euro für den laufenden Betrieb.
- Pflegehilfsmittel zum Verbrauch
Pflegebedürftige erhalten für die häusliche Pflege Hilfsmittel zum Verbrauch im Wert von 40 Euro pro Monat kostenfrei. Dazu zählen etwa Einmalhandschuhe, Mundschutz oder Hände- und Flächendesinfektionsmittel. Voraussetzung iat auch hier das Vorhandensein einer Pflegestufe.
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