
Thüringen-Krise Keine Übergangsregierung mit Lieberknecht
Stand: 19.02.2020 13:25 Uhr
Thüringens Ex-Ministerpräsidentin Lieberknecht hat es abgelehnt, übergangsweise das Bundesland zu regieren. Grund seien die unterschiedlichen Vorstellungen der Parteien über den Zeitpunkt von Neuwahlen, sagte sie.
Die frühere Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht steht in Thüringen nicht mehr als Übergangsministerpräsidentin zu Verfügung. "Ich bin aus der Debatte raus", sagte die CDU-Politikerin der "Thüringer Allgemeinen". Sie habe nur für den Vorschlag ihres Nachfolgers Bodo Ramelow zur Verfügung gestanden.
Christian Müller, MDR, begründet die Entscheidung von Christine Lieberknecht
tagesschau24 11:00 Uhr, 19.02.2020
Der Widerspruch mit der CDU, die keine schnellen Neuwahlen wolle, lasse sich nicht auflösen. Ramelow hatte Lieberknecht als Ministerpräsidentin einer technischen Übergangsregierung ins Gespräch gebracht, die mit einem kleinen Kabinett binnen 70 Tagen Neuwahlen in Thüringen auf den Weg bringen sollte. Die Thüringer CDU akzeptierte zwar Lieberknecht als Personalvorschlag. Sie verlangte aber, dass diese ein mit Experten besetztes vollständiges Kabinett führen und einen neuen Landeshaushalt beschließen soll. Dies hätte Neuwahlen über Monate verzögert.
Lieberknecht ruft zu Vereinbarung mit Linken auf
Trotzdem forderte Lieberknecht ihre Partei dazu auf, eine "verlässliche parlamentarische Vereinbarung mit der Linken" zu schließen. Das sei ihrer Meinung nach der einzige Weg, um zu stabilen politischen Verhältnissen in Thüringen zu kommen, wenn die CDU keine schnellen Neuwahlen wolle.
Kein Ende der Regierungskrise in Thüringen in Sicht
tagesschau 16:00 Uhr, 19.02.2020, André Berthold, MDR
Diese Vereinbarung dürfte sich nicht nur auf die Wahl Ramelows zum Ministerpräsidenten beziehen, sondern müsste ein "dauerhaft verlässliches Regierungshandeln ermöglichen". Linke, SPD und Grüne fehlen im Landtag vier Stimmen für eine eigene Mehrheit.
Lieberknecht warb damit indirekt für einen Tabubruch. Sie kenne den Unvereinbarkeitsbeschluss ihrer Partei, der eine Zusammenarbeit nicht nur mit der AfD, sondern auch mit der Linken ausschließt, sagte die Politikerin. Aber sie sehe auch, dass die reale politische Situation in Thüringen zu berücksichtigen sei.
Linke äußert Respekt für Lieberknechts Entscheidung
Die Fraktionschefin der Linken im Thüringer Landtag, Susanne Hennig-Wellsow, sprach von einem neuen "Tag in Absurdistan". Sie sehe nur noch zwei Optionen für einen Ausweg aus der Thüringer Regierungskrise: Entweder die CDU unterstütze jetzt Ramelow bei der Ministerpräsidentenwahl und anschließend mit einer Tolerierung seiner rot-rot-grünen Minderheitsregierung, oder die CDU mache den Weg für "schnelle Neuwahlen" und wieder stabile Mehrheiten in Thüringen frei. Das wäre natürlich die Variante, die ihr lieber sei, erklärte die Linken-Politikerin in Erfurt.
Ausdrücklich zollte Hennig-Wellsow der CDU-Politikerin Lieberknecht großen Respekt dafür, dass sie nicht den Weg ihrer Partei mitgegangen sei und Ramelows Vorstoß für schnelle Neuwahlen unterstütze.
Thüringens CDU-Landespartei- und Fraktionschef Mike Mohring bedauerte die Entscheidung Lieberknechts. Man habe am Dienstag gemeinsam mit ihr überlegt, wie ein guter Übergang geschaffen werden könne, sagte Mohring in Erfurt. "Wenn das jetzt nicht zusammenkommt, wäre das sehr bedauerlich, weil Frau Lieberknecht eine gute Kandidatin wäre, diesen Übergang gut zu moderieren."
Vorschlag bis Freitag
Wie es nun weitergeht, ist offen. Linkspartei, SPD, Grüne und CDU hatten am Dienstagabend nach Beratungen erklärt, bis Freitag einen Vorschlag für einen Ausweg aus der Regierungskrise vorlegen zu wollen. Bei Twitter schrieb Ramelow: "Von CDU und FDP habe ich bislang keinen Vorschlag gehört, wie Thüringen endlich zu einer handlungsfähigen Landesregierung kommen könnte."
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