
CDU auf Kandidatensuche Merz will keinen Mitgliederentscheid
Stand: 12.02.2020 13:47 Uhr
Die Union diskutiert über ihre Suche nach einem neuen Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten: Schnelle Klärung oder nicht hetzen lassen? Und wie soll die neue Führung bestimmt werden? Merz hat da ganz klare Vorstellungen.
Der ehemalige Unionsfraktionschef Friedrich Merz will die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer an der CDU-Spitze nicht durch einen Mitgliederentscheid regeln. "Ich halte davon überhaupt nichts", sagte er Dienstagabend beim Jahresempfang des Wirtschaftsrats der CDU in Sachsen-Anhalt.
"Wir können Mitglieder befragen, aber eine Entscheidung zu treffen, dafür haben wir Gremien."
Merz gilt nach dem angekündigten Rückzug von Kramp-Karrenbauer als ein Anwärter für Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur.
AKK: Treffen mit möglichen Bewerbern für CDU-Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur
tagesschau 16:00 Uhr, 12.02.2020, Kerstin Palzer, ARD Berlin
Für Merz ist die monatelange Kandidatensuche für den SPD-Vorsitz ein mahnendes Beispiel. "Schauen Sie auf das Ergebnis der Sozialdemokraten. Ein monatelanger Prozess. Und schauen Sie, was dabei herauskommt. Ist das ein gutes Vorbild für die CDU? Ich rate uns dringend davon ab", sagte er unter dem Gelächter der Besucher der Parteiveranstaltung in Magdeburg.
Merz: "Einheit der Union nicht gefährden"
Merz, der 2018 im Rennen um den CDU-Vorsitz Kramp-Karrenbauer unterlegen war, betonte zur Kandidatensuche: "Ich möchte, dass wir das in einer anständigen Form untereinander austragen. Und ich werde dazu beitragen, dass diese anständige Form gewahrt wird." Er wolle sich nach Kräften darum bemühen, die Geschlossenheit und die Einheit der Union, insbesondere der CDU, nicht zu gefährden.
Bei der Veranstaltung des Wirtschaftsrates ermunterten viele Besucher Merz, anzutreten - doch der blieb in Deckung und reagierte darauf nicht. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet , der als weiterer möglicher Kandidat gilt, hüllt sich bislang in Schweigen.
Einzig Bundesgesundheitsminister Spahn äußerte sich am Mittag vorsichtig zu seinen Ambitionen: Er habe immer gesagt, dass er bereit sei, Verantwortung zu übernehmen, sagte Spahn am Rande einer Sitzung des Bundestagsgesundheitsausschusses in Berlin. In welcher Konstellation dies geschehen könne, "darüber reden wir in den nächsten Tagen".
CDU NRW: "Nicht hetzen lassen"
Merz, Laschet, Spahn - alle drei kommen aus dem Landesverband NRW, der so mitgliederstark ist, dass die Zahl seiner Delegierten bei einem Parteitag die Vorsitzendenwahl enorm beeinflussen kann. Unter anderem aus Nordrhein-Westfalen kommen auch Forderungen, sich in der Führungsdebatte nicht hetzen zu lassen.
Der Chef der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Günter Krings, warnte vor einer frühzeitigen Festlegung auf den neuen Parteivorsitzenden. "Bei der Suche nach dem nächsten CDU-Chef sollten wir uns nicht treiben lassen", sagte Krings der "Rheinischen Post". Gerade von der CDU werde verantwortliches Handeln auch bei einer personellen Neuaufstellung erwartet.
Schäuble: Druck einiger Medien nicht nachgeben
Ähnlich äußerte sich auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Der Christdemokrat sagter der "Zeit": "Wenn wir glauben, wir müssten die Dinge wieder so machen wie in den Siebziger- und Achtzigerjahren, braucht man uns nicht. Man braucht uns, wenn wir eine Antwort darauf haben, wie die Welt in den Zwanziger- und Dreißigerjahren dieses Jahrtausends funktioniert."
Das sei auch der Sinn des neuen Grundsatzprogramms, an dem die CDU arbeitet - "und damit haben wir noch gar nicht richtig angefangen", so Schäuble. "Deshalb sollten wir jetzt nicht gleich wieder damit aufhören und die Kraft haben, dem Druck einiger Medien nicht nachzugeben und über die personellen Fragen erst Ende des Jahres zu entscheiden."
Möglicher Druck auf Merkel
Wenn der neue Parteivorsitzende feststehe, entstehe der nächste Druck hinsichtlich seiner Zusammenarbeit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, warnte Krings, der auch Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium ist.
In NRW wird erst im Frühjahr 2022 ein neuer Landtag gewählt. Für andere Landesverbände stehen die Wahlen eher an: Sie haben ein großes Interesse, die offenen Fragen möglichst schnell zu klären und die Union rasch wieder in ruhigeres Fahrwasser zu steuern.
"Klarheit vor der Sommerpause"
Die CDU in Rheinland-Pfalz verlangte angesichts der Landtagswahl im Frühjahr 2021 schnelle Klarheit über die neue Parteispitze. "Vor der Sommerpause sollte Klarheit herrschen" sagte CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf.
Die CDU könne es sich nicht leisten, die Führungsfrage bis zum Jahresende offen zu halten, so Baldauf. "Über Monate wären wir in erster Linie mit uns selbst beschäftigt." In dieser Zeit würde die dringend nötige Sachpolitik in den Hintergrund rücken.
Zeitpunkt | Bundesland | |
---|---|---|
23.02.2020 | Hamburg | |
Frühjahr 2021 | Baden-Württemberg | |
Frühjahr 2021 | Rheinland-Pfalz | |
06.06.2021 | Sachsen-Anhalt | |
Herbst 2021 | Bundestagswahl |
Entscheidung erst im Dezember?
CSU-Chef Söder forderte Klarstellungen "in absehbarer Zeit". Sein Generalsekretär Markus Blume wurde deutlicher: "Die offenen Führungs- und Kursfragen sind umgehend zu klären", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther geht davon aus, dass Kramp-Karrenbauer und Söder sich bald zusammensetzen und einen praktikablen Zeitplan vorlegen.
Nach dem Willen Kramp-Karrenbauers soll ein Bundesparteitag Anfang Dezember über ihre Nachfolge und die Kanzlerkandidatur entscheiden. Dann steht regulär die Neuwahl der Parteispitze an. "Wir müssen uns keinen Stress machen", bekräftigte Kramp-Karrenbauer am Dienstag in der Sitzung der Unionsfraktion in Berlin. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob es der scheidenden CDU-Vorsitzenden gelingt, die Union auf diesem Kurs zu halten.
Merz gegen Mitgliederentscheid über neue CDU-Spitze
Georg Schwarte, ARD Berlin
12.02.2020 08:27 Uhr
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