Kommentar
Bischöfe zur Priesterweihe Nur ein erster Schritt
Stand: 27.10.2019 13:18 Uhr
Die Empfehlung der Bischöfe zur Priesterweihe zeigt, dass sich etwas in der katholischen Kirche bewegt, meint Tilmann Kleinjung. Doch die Veränderung vollzieht sich sehr langsam und kippt gewiss nicht das Zölibat.
Ein Kommentar von Tilmann Kleinjung, BR
Das ist nicht das Ende des Zölibats. Das könnte aber der erste Schritt auf einem langen Weg sein, an dessen Ende Priester frei wählen können, ob sie eine Familie gründen oder zölibatär, also ehelos leben.
In dem Abschlussdokument der Amazonas-Synode wird der Vorschlag, auch verheiratete Männer zu Priestern zu weihen, eher umständlich formuliert, das Ziel ist aber eindeutig. In der Amazonasregion kommen auf einen Priester 6700 Gläubige. In manchen Gemeinden findet nur einmal pro Jahr eine Eucharistiefeier statt. Deshalb muss es möglich sein, ausgebildete und anerkannte Männer, die bereits eine Familie haben, zu Priestern zu weihen.
Für die katholische Kirche wäre dieser Schritt eine Revolution. Seit fast 1000 Jahren gibt es die Regel, dass Geistliche nicht heiraten dürfen. Das ist keine Frage der Lehre, sondern der kirchlichen Ordnung und Disziplin. Und dennoch wurde und wird der Zölibat von so manchem in der Kirche wie ein in Stein gemeißeltes Dogma verteidigt - unterscheidet es doch die Kirche von der Welt, den Kleriker vom Otto-Normal-Katholiken.
Forderung nach Öffnung des Priesteramts für verheiratete Männer
tagesschau 20:00 Uhr, 27.10.2019
Der Zölibat lastet auf der Kirche
Der Pflichtzölibat ist eine der Wurzeln des von Papst Franziskus so verteufelten Klerikalismus. In der Missbrauchsstudie der deutschen Bischofskonferenz wurde der Zölibat als ein Risikofaktor für den Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche identifiziert. Und Jahr für Jahr verliert die katholische Kirche begabte und überzeugte Seelsorger, weil sie das Versprechen, ohne Ehefrau zu leben, nicht halten können und wollen.
Von denen, die sich wegen des Zölibats erst gar nicht für das Priesteramt interessieren, ganz zu schweigen. Es gibt also viele gute Gründe, sich für verheiratete Priester einzusetzen. Der akute Priestermangel in vielen Regionen der Welt ist nur einer davon.
Die Frage nach der Rolle von Frauen
Die Diskussion über das Ende des Pflichtzölibats darf nicht abgekoppelt werden von der anderen Zukunftsfrage, die die Amazonas-Synode ebenfalls beschäftigt hat. Frauen sollen Leitungsämter übernehmen, Frauen sollen nicht nur mithelfen, sondern auch mitentscheiden. Und die Frage, ob eine Weihe von Frauen zu Diakoninnen möglich ist, will Papst Franziskus erneut prüfen.
Es bewegt sich etwas - nicht nur in Amazonien, sondern in der ganzen Kirche. Ganz langsam. Papst Franziskus steuert die Katholiken mit angezogener Handbremse durch den Reformprozess. Denn er weiß, dass jeder Schritt auf diesem langen Weg seine Kirche vor eine Zerreißprobe stellt.
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