
Gipfel zu Staatshilfen Vorerst keine Auto-Kaufprämie
Stand: 05.05.2020 14:51 Uhr
Vertreter der Autobranche und Kanzlerin Merkel haben über Kaufprämien beraten - Beschlüsse soll es aber erst im Juni geben. Umweltschützer protestieren: Eine Prämie für Diesel- und Benzinautos sei ein falsches Signal.
Bei den Gesprächen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vertretern der Automobilindustrie sind keine Entscheidungen über Hilfen für die Branche in der Corona-Krise getroffen worden. Die Teilnehmer der Telefonkonferenz vereinbarten stattdessen, sich weiter in einer Arbeitsgruppe über "konjunkturbelebende Maßnahmen" auszutauschen, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte.
Die Maßnahmen sollten einen "Modernisierungsbeitrag in Richtung innovativer Fahrzeugtechnologien" darstellen. Ergebnisse sollen Anfang Juni besprochen werden.
Autogipfel: Kritik an Staatshilfen für Automobilindustrie
tagesthemen 22:30 Uhr, 05.05.2020, Daniel Pokraka, ARD Berlin
Suche nach Wegen aus der Krise
An dem Gipfel nahmen auch mehrere Bundesminister teil sowie Vertreter des Autoverbandes VDA und der IG Metall. Merkel hatte bereits zuvor deutlich gemacht, dass bei dem Treffen noch nicht mit einer Entscheidung über spezielle Anreize für die Branche zu rechnen sei. Merkel verwies laut Bundesregierung während des Gesprächs auf die "besondere Bedeutung der Automobilindustrie für Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland".
Länder unterbreiten konkrete Vorschläge
Neben den Herstellern und dem Branchenverband VDA machen sich auch die Bundesländer Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg für Kaufprämien stark. Sie sehen zur Unterstützung der Autoindustrie mit rund 800.000 Arbeitsplätzen den Bund in der Pflicht. Die Nachfrage nach Autos war in der Corona-Krise eingebrochen. Finanzminister Olaf Scholz hatte angekündigt, dass die Koalition Ende Mai oder Anfang Juni ein Konjunkturpaket auflegen wolle, um die Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln.
Die Länderchefs von Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg schlugen konkrete Prämien vor. Für moderne Benziner und Dieselautos ab Schadstoffklasse 6d-Temp sollen diese 3000 Euro betragen. Für Plug-in-Hybride, Elektro- und Wasserstoffautos soll es 4000 Euro zusätzlich geben - dies käme zu einer bereits bestehenden Prämie hinzu.
Umweltverbände kritisieren Kaufprämien
VW, Daimler, BMW, Audi, Ford und Opel lassen ihre Werke in Europa nach wochenlangem Stillstand wieder anlaufen, aber viele Mitarbeiter bleiben in Kurzarbeit, die Nachfrage ist gering. In der Branche ist die Angst groß, dass die Autobauer "auf Halde" produzieren, weil es zu wenig Käufer gibt. Die Hersteller fordern daher schnelle Entscheidungen über Kaufprämien. Derzeit warteten potenzielle Käufer ab, wann und ob es solche Anreize gebe, hieß es in der Autoindustrie.
Mehrere Protestaktionen
Bei Umweltverbänden stoßen mögliche Kaufprämien auch für Diesel- und Benzinautos hingegen auf Protest. Greenpeace-Aktivisten forderten bei einer Aktion vor dem Reichstag in Berlin, es dürfe keine erneute Abwrackprämie geben. Ein SUV überfuhr symbolisch mehrere übereinandergestapelte Fahrräder, auf einem Transparent war zu lesen: "Autoprämie zerstört Verkehrswende".
"Statt jetzt Motoren aus dem letzten Jahrhundert zu retten, sollte Kanzlerin Merkel den klimafreundlichen Umbau der Autoindustrie ankurbeln", erklärte der Verkehrsexperte der Umweltorganisation, Benjamin Stephan. Mitglieder der Initiative Campact protestierten in der Hauptstadt ebenfalls, sie verlangten vor dem Kanzleramt "Vorfahrt fürs Klima". Der Staat dürfe "kein Steuergeld für Spritschlucker" lockermachen.
Bei einer Aktion an der VW-Zentrale in Wolfsburg erklärte die Klimaschutzbewegung "Fridays for Future": "Mehr Autos zu finanzieren, ist nicht mit unseren Klimazielen vereinbar - eine neue Abwrackprämie wäre verheerend." Eine Abwrackprämie für alte Autos hatte es in der Finanz- und Wirtschaftskrise vor mehr als zehn Jahren gegeben.