
Urteil am Bundesgerichtshof erwartet Süßigkeiten vor Gericht
Stand: 23.07.2020 04:59 Uhr
"Quadratisch - praktisch - gut" - bisher darf in Deutschland nur Ritter Sport Schokolade in Quadratform verkaufen. Ob das so bleibt, soll der BGH entscheiden. Es ist nicht der erste "süße" Fall für Karlsruhe.
Von Michael-Matthias Nordhardt, ARD-Rechtsredaktion
Glaubt man der Legende, so geht die charakteristische Quadratform auf die Firmengründerin höchstpersönlich zurück: "Machen wir doch eine Schokolade, die in jede Sportjackett-Tasche passt, ohne dass sie bricht und das Gewicht hat wie die normale Langtafel." So soll es Clara Ritter nach der eigenen Firmengeschichte gesagt haben, als sie 1932 mit ihrem Mann Ritter Sport gründete.
BGH urteilt nach Milka-Klage: Darf nur Ritter Sport quadratisch sein?
Morgenmagazin, 23.07.2020, Michael-Matthias Nordhardt, SWR
Verpackung per Marke geschützt
Mitte der 1990er-Jahre ließ sich "Ritter Sport" die quadratische Verpackung für Tafelschokolade dann per Marke schützen. Seit einigen Jahren macht Konkurrentin Milka Ritter Sport das Quadrat streitig.
Milka findet, dass "die Benutzung der Grundform der beanspruchten Ware allen Mitbewerbern des Markeninhabers offenstehen müsse". Im Klartext heißt das: Das Quadrat sei für alle da. Ritter widersprach - jetzt entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH).
Schutz für Formen möglich
Nach dem Markenrecht kann eine Verpackungsform als Marke geschützt werden. Das spricht für Ritter Sport. Allerdings nicht, wenn die Form "der Ware einen wesentlichen Wert verleiht".
Der Knackpunkt des Falles dürfte also sein: Wie wichtig ist die Quadratform für Schokoladenkäuferinnen und -käufer? Ist sie vielleicht sogar kaufentscheidend, könnte sich ein Hersteller das Quadrat nicht reservieren.
Kommt es Kundinnen und Kunden hingegen nicht besonders darauf an, sondern eher auf andere Faktoren wie Zutaten und Geschmack, dürfte es dabei bleiben: In Deutschland gibt es quadratische Schokoladentafeln nur von Ritter Sport.
Immer wieder landen Streitigkeiten zwischen Süßigkeitenherstellern vor Gericht. Nur vordergründig geht es dann um Süßes. Gestritten wird über kompliziertes Markenrecht. Ein paar Beispiele:
Goldbären
Goldener Schokohase mit roter Schleife um den Hals: Hersteller Lindt wollte eine etwas zeitlosere Variante seines beliebten Oster-Klassikers. Heraus kam der Lindt-Teddy. Gleiches Kostüm, nur Bär statt Hase.
Die Wortmarke "Goldbär" hatte sich aber Konkurrent Haribo schützen lassen. Haribo klagte, der Streit ging durch die Instanzen bis zum BGH. Das Ergebnis: Der Lindt-Teddy blieb im Süßwarenregal. Eine 3D-Figur könne nur unter strengen Voraussetzungen die Rechte an einer geschützten Bezeichnung verletzen.
Kitkat
Vier lange Schoko-Barren, die ein Rechteck bilden. Im Markenstreit um Nestlés "Kitkat" ging es allein um die Form des Schokoriegels. Die hätte nicht ohne Weiteres als eigene EU-Marke geschützt werden dürfen, urteilte der Europäische Gerichtshof. Weil nicht klar sei, ob "Kitkat" in allen EU-Ländern als "Kitkat" erkannt werde. Das Europäische Markenamt musste neu prüfen.
Bounty
Abgerundete Ecken und drei Pfeile auf der Schoko-Oberseite des Riegels: So sieht "Bounty" aus. Doch macht ihn das zu einer Marke? Nein, sagten die Richter am EU-Gericht. Die Merkmale unterschieden sich "nicht hinreichend von anderen Formen, die allgemein für Schokoladenriegel verwendet werden". Will heißen: "Bounty" sieht einfach aus wie ein ganz normaler Schokoriegel.
Kinderschokolade
"Kinder Schokolade" und "Kinder Überraschung" - klar. Aber "Kinder Kram"? Als Haribo unter diesem Namen Gummi-Lokomotiven und Gummi-Schaukelpferde verkaufte, zog Ferrero vor die Gerichte.
Allerdings ohne Erfolg: Das Wort "Kinder" an sich beschreibe im Zusammenhang mit Schokolade nur den Abnehmerkreis, urteilte der BGH. Ferrero hätte sich nur wehren können, wenn Haribo den bekannten "Kinder"-Schriftzug nachgemacht hätte.
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