
Erster Jahresverlust seit 1997 Boeing wegen 737-MAX in roten Zahlen
Stand: 29.01.2020 15:25 Uhr
Vom Vorzeigekonzern zum Krisenfall: Der Airbus-Rivale Boeing muss nach dem Flugverbot des neuen Modells 737 MAX Belastungen in Milliardenhöhe stemmen. Jetzt legte der Konzern erste Zahlen vor.
Nachdem Konzernchef Dennis Muilenburg kurz vor Weihnachten gefeuert wurde, legte sein Nachfolger Dave Calhoun am Mittwoch erstmals die Geschäftszahlen vor. Danach hat der Flugzeugbauer allein im vierten Quartal 2019 einen Verlust von gut einer Milliarde Dollar eingefahren, nach einem Gewinn von 3,4 Milliarden im gleichen Vorjahreszeitraum.
Der Umsatz ist um 37 Prozent auf 17,9 Milliarden Dollar eingebrochen, nachdem der Krisenflieger 737 MAX Flugverbot bekam und es reihenweise Stornierungen von bereits bestellten Maschinen hagelte.
Negativer Cashflow
Für das Gesamtjahr beläuft sich der Konzernverlust auf 636 Millionen Dollar. Es ist das erste Defizit des Flugzeugbauers seit über zwei Jahrzehnten.
Infolge der durch das Startverbot entstandenen Belastungen und Sonderkosten ist der Cashflow von Boeing im vergangenen Jahr ins Minus gedreht. Das Defizit beläuft sich auf 4,3 Milliarden Dollar, nach einem Plus von 13,6 Milliarden ein Jahr zuvor. Insgesamt beziffert Boeing die Kosten für das Flugverbot des Modells 737 MAX auf 18 Milliarden Dollar.
Neue Kosten erwartet
Und das ist noch nicht alles. Um den Krisenflieger wieder in die Luft zu bekommen, erwartet Boeing außergewöhnliche Produktionskosten von vier Milliarden Dollar. Eine ähnlich hohe Belastung entsteht nach Schätzungen des Konzerns für das ebenfalls unter Mängeln leidenden Modells 787 Dreamliner. Zudem kündigte Boeing an, die Produktion des Modells weiter zurückfahren. Monatlich sollen statt zwölf noch zehn Maschinen hergestellt werden.
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"Wir erkennen, dass wir viel Arbeit zu erledigen haben", sagte Boeings neuer Vorstandschef Dave Calhoun. Der Konzern geht davon aus, dass das Flugverbot für die 737 MAX noch Monate andauern wird. Eine Wiederzulassung der Baureihe könne "Mitte 2020" erfolgen.
Weniger Bestellungen
Damit bliebe Boeings bestverkauftes Modell deutlich länger am Boden als erwartet. Der Zeitplan liegt ganz in den Händen der Flugaufsichtsbehörden. Wegen des Ausfalls musste das Unternehmen US-Medien zufolge Kredite von rund zwölf Milliarden Dollar aufnehmen. Bis zur Wiederzulassung rechnen Experten mit Belastungen von weiteren 30 Milliarden Dollar.
Wie kritisch die Lage ist, ließ sich jüngst schon am Orderbuch ablesen. Unterm Strich büßte Boeing im vergangenen Jahr 87 Bestellungen in der Verkehrsflugzeugsparte ein, weil es mehr Stornierungen als neue Aufträge gab.
Aktie im Plus
Die Anleger reagierten dennoch positiv auf die Bilanzzahlen, weil sie mit noch höheren Belastungen gerechnet hatten. Im vorbörslichen New Yorker Handel legt die Aktie um 2,5 Prozent zu - nachdem sie im vierten Quartal 2019 fast 25 Prozent an Wert eingebüßt hat.
Erzrivale Airbus profitiert indes von Boeings Schwäche. Mit 768 neuen Aufträgen und 863 ausgelieferten Verkehrsfliegern übernahmen die Europäer 2019 die Weltmarktführerschaft vom US-Konkurrenten.
lg
737Max-Krise: Boeing macht Verlust - zum ersten Mal seit 20 Jahren
Torsten Teichmann, ARD Washington
29.01.2020 17:18 Uhr