
Gewerkschaft appelliert an Bahn GDL will die Hälfte der Züge streichen
Stand: 25.03.2020 11:11 Uhr
Auf den Straßen sind deutlich weniger Autos, Airlines haben ihren Flugplan zusammengestrichen - doch die meisten Züge fahren in Deutschland auch in Corona-Zeiten wie immer. Nun fordert die Lokführergewerkschaft, das zu ändern.
Die Lokführergewerkschaft GDL fordert die Bahn auf, ihr Angebot deutlich zu reduzieren. "Wir müssen nicht auf Teufel komm raus heiße Luft transportieren", sagte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky der Deutschen Presse-Agentur. "Wir müssen mindestens auf 50 Prozent runter."
Aus seiner Sicht hat die Bahn zu lange an einem 100-Prozent-Angebot festgehalten, jetzt sei sie noch bei rund 90 Prozent. Das könne auch für die Werkstätten zu einer Herausforderung werden, wenn die Krise es schwieriger mache, Ersatzteile zu bekommen.
Außerdem müsse die Bahn Personalreserven bilden, um auch in den nächsten Wochen ein verlässliches Grundangebot aufrecht erhalten zu können, so GDL-Chef Weselsky. "Auch Lokführer und Zugbegleiter werden krank."
Enge in Bus, Bahn und Tram durch Notfahrpläne
tagesschau 12:00 Uhr, 25.03.2020, Sebastian Deliga, SWR
Die meisten ICE-Züge fahren nach Plan
Während Fernbusse und viele Airlines den Betrieb komplett eingestellt oder weitgehend runtergefahren haben, gibt es bei der Bahn bislang nur vergleichsweise wenige Einschränkungen: Gestrichen sind - wegen geschlossener Grenzen oder behördlicher Auflagen - die meisten internationalen Verbindungen. Auch fallen einzelne ICE- oder IC-Züge aus oder fahren nur mit weniger Wagen.
Auch im Nahverkehr - für den die Bundesländer zuständig sind - gibt es zwar einige Einschränkungen. Doch auch hier fahren viele Züge nach dem regulären Plan weiter. Nicht nur die der Deutschen Bahn, sondern auch die von Konkurrenzunternehmen.
"Teil der Lebensadern dieses Landes"
Die Bahn verweist darauf, dass es wichtig sei, gerade auch in Zeiten der Corona-Krise ein verlässliches Grundangebot zu bieten. Schon vor Tagen hatte Konzernchef Richard Lutz betont, die Bahn sei "Teil der Lebensadern dieses Landes". Deshalb wolle und werde die Bahn ihren "Beitrag zum Funktionieren unserer Gesellschaft leisten und den Bahnbetrieb so lange und so gut wie möglich aufrechterhalten".
Scharfe Kritik an Weselsky
Auf die aktuelle Forderung der Lokführergewerkschaft regierte die Bahn entsprechend kritisch. Sie warf Weselsky vor, Tatsachen zu ignorieren. Die Bahn sichere die Mobilität in Deutschland, heißt es in einer Pressemitteilung des bundeseigenen Unternehmens. "Auch in schweren Zeiten könnten somit Krankenpfleger, Ärzte, Polizisten und andere Helfer zur Arbeit kommen." Die Bahn transportiere also nicht - wie von Weselsky behauptet - "heiße Luft", sondern komme ihrem Auftrag zur Sicherung der kritischen Infrastruktur nach.
Auch stimmten die vom GDL-Chef angegeben Zahlen nicht. Im Fern- und Nahverkehr gebe es nicht mehr 90 Prozent des sonst üblichen Angebotes, sondern nur noch 75 bis 80 Prozent. "Entgegen den Behauptungen von Herrn Weselsky hat die DB also schon Schritt für Schritt ihr Angebot zurückgefahren, um gerade auch schonend mit dem Personal umzugehen."
Aufsichtsrat berät Lage
Unter dem Eindruck der Krise berät der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn heute über die Lage des Bundesunternehmens. Das hatte bereits bekannt gegeben, dass die Buchungen zurückgehen, aber keine konkreten Zahlen genannt. Zudem werden viele Tickets storniert - was dank einer Kulanzregelung derzeit auch bei Sparpreisen möglich ist.
Betriebsbedingte Kündigungen aus Anlass der Corona-Krise müssen die Bahn-Beschäftigten übrigens nicht fürchten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben Konzern und die Gewerkschaften das in einer Vereinbarung ausgeschlossen.
Corona-Krise: Bahngewerkschaft GDL fordert Reduzierung von Bahn-Angeboten
Barbara Kostolnik, ARD Berlin
25.03.2020 11:36 Uhr
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