
Zoos in Corona-Zeiten Allein unter Elchen
Stand: 18.11.2020 04:56 Uhr
Wie viele Einrichtungen müssen auch Zoos derzeit geschlossen bleiben. Doch die Pandemie macht erfinderisch: Ein kleiner Wildpark hält sich mit einem exklusiven Angebot über Wasser.
Von Johannes Koch, NDR
"So ruhig ist es hier sonst nicht." Thomas Wamser fährt mit seinem Fahrrad durch den Wildpark Müden, vorbei an Elchen, Ziegen, Wildschweinen und Waschbären. "Bei diesem strahlendblauen Himmel wären hier heute 300 oder sogar 400 Gäste", sagt der Geschäftsführer.
Für den kleinen Wildpark in der Lüneburger Heide reichte das zum Überleben. Seit Anfang November muss aber auch er wieder schließen. Gäste dürfen das zehn Hektar große Gelände derzeit nicht betreten. Es sei denn, es kommt nur eine Gruppe mit Menschen aus maximal zwei Haushalten. Eine "Grauzone" nennt Wamser das. "Rent a Wildpark" heißt sein neues Angebot. Die Idee ist simpel: Eine Gruppe kann den ganzen Park für drei Stunden mieten.
Stammgäste kommen auch jetzt
Als Wamser nach seiner Runde durch den Park am Eingang ankommt, stehen seine Gäste schon bereit. Familie Fidelius und Familie Eckert haben sich angemeldet. Vor Corona waren sie Stammgäste im Park. "Als ich davon gehört habe, da habe ich das sofort gebucht", sagt Selina Fidelius, "Das ist für die Kinder toll, für uns toll und wir unterstützen den Wildpark."
Streichelzoo, Hüpfburg und Elchgehege, alles für sich und seine Freunde zu haben, das findet der neunjährige Arwed "den Oberhammer". Alleine im Wildpark, das gibt es eben nicht alle Tage, "es ist auch viel ruhiger als sonst. Das ist schon cool."
Für die Gäste "schon cool" und für den Parkchef zumindest ein kleiner Lichtblick im zweiten Lockdown. Geschäftsführer Wamser ist Anfang 40. Vor acht Jahren übernahm er den Wildpark. Dass er zum Saisonbeginn sechsstellig im Minus ist, daran habe er sich gewöhnt. In den vergangenen Jahren konnte er vom Frühjahr an den Verlust aus dem Winter aufholen, "aber dieses Jahr ist anders," sagt er.
Der Druck auf Freizeitparks steigt
Die 150 Euro Parkmiete pro Gruppe könne wenigstens einen Teil der laufenden Kosten decken. Aber reicht das? "Die oberste Priorität hat natürlich, dass die Tiere versorgt sind, aber lieber würde ich meinen Radlader verkaufen, als dass ich am Futter spare", sagt Wamser. Deutlich mehr als das Futter kosten aber die Mitarbeiter. 16 Menschen arbeiten im Wildpark. Gekündigt wurde niemandem, Kurzarbeit spielt im laufenden Monat auch noch keine Rolle. "Ich möchte keine Mitarbeiter entlassen", betont der Parkchef.
Das ist nicht in allen Freizeitparks so. Nicht nur der große Heide Park Soltau musste zum Saisonende betriebsbedingte Kündigungen aussprechen, auch kleine Wildparks waren gezwungen, Personal zu entlassen. In Müden will Wamser aber durchhalten: "Es muss ja irgendwie weitergehen." Die Wildparkmiete im zweiten Lockdown kann wenigstens ein paar Löcher stopfen und begeistert die Gäste.
Inzwischen sind Familie Fidelius und Familie Eckert bei den Wildschweinen angelangt. Bei so wenigen Besuchern kommen die Tiere ganz nah an den Zaun, fressen den Kindern aus der Hand. Für Lisa Eckert und ihre Kinder etwas ganz Besonderes: "Das ist schon ein Highlight, man muss nicht auf alle anderen achten - einfach tiefenentspannt. Das ist schon etwas Positives in Corona-Zeiten".
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