
Autogipfel im Kanzleramt Neuer Streit über Kaufprämien
Stand: 08.09.2020 08:27 Uhr
Die Corona-Krise hat VW, BMW und Co. schwer getroffen. Bei einem Autogipfel wird heute erneut über Kaufprämien gesprochen. Die CSU will Hilfen auch für Verbrenner - doch die Kanzlerin winkt ab.
Von Andreas Reuter, ARD-Hauptstadtstudio
"Autoklüngel-Gipfel", so nennen "Fridays for Future", die Deutsche Umwelthilfe und Lobby-Control das heutige Treffen im Kanzleramt. Die Organisationen sind gegen privilegierte Zugänge für die mächtige Autolobby. Zumindest müssten auch andere mitreden. Umweltverbände etwa, Verbraucherschützer oder Fahrrad- und Bahnverbände.
Auch Bernd Riexinger, Parteichef der Linken, rät dazu, größer zu denken. Denn es sei klar, dass die Konzerne künftig nicht einfach genauso viele Autos produzieren könnten wie früher: "Wir brauchen eine Transformation der Automobil-Industrie in eine nachhaltige Mobilitäts-Industrie", fordert er. Diese dürfe nicht nur Autos bauen. "Sondern sie muss nachhaltige Verkehrssysteme bauen."
Bayerns Ministerpräsident Söder will die Autobranche mit zeitnahen Konzepten stärken
tagesschau 09:00 Uhr, 08.09.2020
Söder will Kaufprämie auch für Benziner und Diesel
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder aber geht es erst mal darum, den Autoabsatz in der Gegenwart wieder anzukurbeln - gerne auch mit Kaufprämien. Diese sollten nicht nur für Elektroautos gelten, wie im Corona-Konjunkturpaket eigentlich beschlossen. Wenn sie weniger CO2 in die Luft blasen als ältere Autos, sagt Söder, solle es auch für Autos mit Benzin- oder Dieselmotor wieder eine Kaufprämie geben.
"Die muss nicht so hoch sein wie die E-Auto-Prämie, aber sie muss ein Signal sein, dass jeder, der ein Auto mit einem schlechteren CO2-Wert vom Markt nimmt, und damit einen Beitrag leistet, CO2 zu reduzieren, dass der sich auch wiederfinden kann."
Merkel sieht keinen Ergänzungsbedarf
Aber die Ministerpräsidenten aus den anderen "Auto-Ländern" - Baden-Württemberg, Niedersachsen und NRW - gehen da nicht mit. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel winkt ab: "Ich persönlich glaube, dass unser Konjunkturprogramm rund ist, dass wir die richtigen Maßnahmen beschlossen haben", sagt sie. Man habe auch die Forderungen der Automobil-Industrie berücksichtigt - "insbesondere auch durch die Mehrwertsteuer-Senkung". Deshalb sieht Merkel "jetzt auch keinen Ergänzungsbedarf".
Anders sehen das die Gewerkschaften und die SPD. Sie fordern einen teilstaatlichen Beteiligungsfonds, vor allem für die notleidenden Zulieferer. Auch die Grünen scheinen da nicht ganz abgeneigt. "Aber es muss natürlich eine ökologische Richtung bekommen", gibt Parteichef Robert Habeck zu bedenken. Öffentliches Geld solle nur für eine öffentliche Leistung eingesetzt werden. "Und die öffentliche Leistung heißt in diesem Fall der Klimaschutz. Und so kann man beides miteinander verbinden."
FDP gegen "Corona-Sozialismus"
Die FDP dagegen sieht da den "Corona-Sozialismus" heraufziehen: "Deutschland entfernt sich in zunehmendem Maße vom Erfolgsrezept der sozialen Marktwirtschaft", befürchtet Parteichef Christian Lindner. "Wir sind sowohl gegen eine teilweise Verstaatlichung im Automobil-Bereich als auch gegen eine Kaufprämie als eine Subvention, die nur zu Mitnahme-Effekten einlädt."
Das Institut der deutschen Wirtschaft zeichnet derweil ein düsteres Bild von der Lage der Branche. In einer Studie kommen sie zu dem Fazit: Als Wachstumslokomotive für den Standort Deutschland falle die Autoindustrie erst einmal aus.
Vor dem Autogipfel: Streit um Kaufprämien und Staatsbeteiligung
Andreas Reuter, ARD Berlin
08.09.2020 08:35 Uhr
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